Schnelltests sind gut - aber Personalmangel wiegt schwer

Kopf in den Nacken, Mund auf, ein Stäbchen kommt tief in Rachen und
Nase. Angenehm ist ein Corona-Schnelltest nicht, könnte aber helfen,
Ausbrüche zu verhindern. Die Tests sollen flächendeckend in die Heime
kommen. Noch mehr Arbeit für ohnehin überlastetes Personal.

Karlsruhe (dpa/lsw) - Die Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg
warnen wegen des zusätzlichen Aufwands durch Corona-Schnelltests vor
weiteren Personalengpässen. Zwar seien Tests an sich sinnvoll, um
Bewohner und Mitarbeiter vor Ansteckung zu schützen. Mit dem
bestehenden Personal seien Testungen aber nur mit Mühe zu
bewerkstelligen, kritisierten Träger wie etwa die AWO Karlsruhe oder
die Diakonie Württemberg. Eine bis eineinhalb Stellen zusätzlich
veranschlagt beispielsweise das Pauline-Krone-Heim der Altenhilfe
Tübingen mit derzeit rund 80 Bewohnern. «Das ist schon eine
Herausforderung», sagt Geschäftsführerin Anke Baumeister.

Die Altenhilfe Tübingen war nach Worten Baumeisters eine der ersten,
die die Schnelltests in ihre drei Einrichtungen gebracht hatten: Seit
fast drei Wochen wird dort getestet. Zweimal die Woche Besucher,
zweimal pro Woche Mitarbeiter, immer mittwochs Bewohner. Rund 2500
Tests hat die Altenhilfe fürs erste beschafft. Wie lange das reicht,
sei noch nicht klar. Vor allem für die Bewohner müsse sich die
zuständige Fachkraft Zeit nehmen, gut zureden, Ruhe ausstrahlen
während des nicht gerade angenehmen Testprozederes. «Damit ist sie
eigentlich den ganzen Tag gebunden», sagte Baumeister.

Nach einer Hochrechnung des Deutschen Evangelischen Fachverbands für
Altenarbeit und Pflege (Devap) wären für eine Einrichtung mit 80
Bewohnern bei wöchentlichen Testungen sogar 2,5 Vollzeitstellen
zusätzlich nötig: «Unter anderem auch deshalb, weil die Abnahme eines

Tests bei dementiell erkrankten Menschen oder Menschen mit
Mehrfachbehinderungen viel Empathie und einen deutlich erhöhten
Zeitaufwand im Vergleich zu einer reguläre Reihentestung bedeutet»,
sagte dazu eine Sprecherin der Diakonie Württemberg.

«Der Mangel an Pflegefachkräften schlägt sich gerade jetzt sehr
nieder», sagte auch eine Sprecherin der AWO Karlsruhe. Denn nur diese
Fachkräfte sollen, nach entsprechender Zusatz-Schulung durch
Hausärzte, die Tests durchführen dürfen. «Das ist schwer zu
bewältigen neben all den anderen pflegerischen Tätigkeiten, die es zu
leisten gilt», sagte sie.

Außerdem seien die Antigen-Tests nicht zu 100 Prozent sicher. Es
gelte deshalb abzuwägen zwischen der Sicherheit für Bewohner und
Personal und der Bedeutung des Kontakts zu den Angehörigen. Auch die
Stiftung Patientenschutz hatte bereits zuvor auf den Personalmangel
verwiesen.

In Stuttgart sollen Ehrenamtliche in den Einrichtungen bei den
Testungen helfen. Die Stadt suche über die Koordinierungsstelle für
Engagementförderung und die Freiwilligenagentur nach Engagierten mit
medizinischem Hintergrund. Auch einen öffentlichen Aufruf soll es
geben. Insgesamt beschafft die Stadt 30 000 Schnelltests für Besucher
von Alten- und Pflegeheimen.

Unterdessen ist mit der sogenannten zweiten Coronawelle das Virus in
den letzten Wochen mit Wucht in die Seniorenheime zurückgekehrt. Seit
Anfang Oktober wurden dem Stuttgarter Landesgesundheitsamt in
Einrichtungen landesweit 833 infizierte Mitarbeiter gemeldet. 1551
dort betreute Menschen steckten sich an; 106 seien gestorben,
berichtete die Behörde am vergangenen Freitag (13. November).

Dabei wurden 61 Ausbrüche in Heimen gezählt. Als Corona-Ausbruch wird
gewertet, wenn mindestens zwei miteinander zusammenhängende
Coronafälle in einer Einrichtung auftreten. Betrachtet man nur die
Ausbrüche, so wurden dem LGA 813 Infizierte gemeldet.

Antigen-Tests suchen in Abstrichen aus Mund und Nase nur nach
Molekülen, die charakteristisch für die Viren sind. Das Ergebnis
liegt in etwa 15 bis 30 Minuten vor und damit wesentlich schneller
als bei den sonst üblichen PCR-Tests. Letztere sind dafür aber
zuverlässiger.