Warnung vor Blutspende-Lücke in der Corona-Krise

Für viele Krebspatienten oder Unfallopfer - und jetzt auch für schwer
erkrankte Covid-19-Patienten - sind Blutspenden überlebenswichtig.
Viele Menschen haben aber Angst vor Ansteckung. Unbegründet, sagen
Mediziner. Tatsächlich gebe es sogar einen «Wellness-Effekt»

Düsseldorf (dpa/lnw) - Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister
Karl-Josef Laumann (CDU) hat gemeinsam mit Ärzten dazu aufgerufen,
sich trotz Corona-Krise nicht vom Blutspenden abschrecken zu lassen.
Covid-19 werde nicht durch Blut übertragen, sagte der Ärztliche
Geschäftsführer des Blutspendedienstes West des Deutschen Roten
Kreuzes (DRK), Thomas Zeiler, am Donnerstag in Düsseldorf. Die
Blutspende sei für den Spender so sicher wie die Transfusion für den
Empfänger. «Da ist kein Risiko», sagte der Mediziner. Deshalb sei es

auch nicht sinnvoll, bei der Blutspende auf Covid-19 zu testen.

Täglich benötige der DRK-Blutspendedienst allein in NRW etwa 3000
Blutspenden, sagte Zeiler. Infolge der Krise fielen allerdings über
15 Prozent der üblicherweise mehr als 9000 Blutspendetermine des DRK
in NRW weg. Etliche Räume in Schulen und Firmen stünden aus
Infektionsschutzgründen nicht mehr zur Verfügung. «Viele Firmen
machen hermetisch dicht und sagen: Da kommt keiner rein», berichtete
der Arzt. Die Räume würden aber dringend gebraucht: «Die Blutspende
braucht ein Dach.»

Eine DRK-Öffentlichkeitskampagne unter dem Motto «Gemeinsam Leben
retten - NRW spendet Blut» soll helfen, mehr Engagement zu wecken und
Ängste zu nehmen. Insgesamt spenden den Angaben zufolge weniger als
fünf Prozent der deutschen Bevölkerung regelmäßig Blut. Sechs Proze
nt
wären gut, sagte Laumann.

Viel Blut werde nicht nur gebraucht für Krebspatienten, Unfallopfer
oder Operationen am offenen Herzen, sondern jetzt zusätzlich auch für
schwer erkrankte Covid-19-Patienten, deren Blut künstlich mit
Sauerstoff angereichert werden müsse, erklärte die Leiterin der
Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Köln, Birgit Gathof.
Einige dieser Patienten benötigten täglich eine oder sogar zwei
Blutspenden. Unfallopfer, die in der Notaufnahme landeten, benötigten
in schlimmen Fällen sogar bis zu 70 Blutspenden innerhalb weniger
Stunden.

Für die meisten Menschen sei die Blutspende gesund, erklärte die
Transfusionsmedizinerin. Sie wirke sich günstig aus auf den Fett- und
Zuckerstoffwechsel sowie Bluthochdruck. Es gebe sogar Studien über
«den Wellness-Effekt der Blutspenden». Manche beschrieben die Wirkung
«wie eine kleine Fastenkur».

95 Prozent der Menschen hätten keinerlei Probleme, Blut zu spenden,
berichtete Gathof. Wenige hätten Kreislaufprobleme. Spenden können
alle gesunden Menschen unter 68 Jahren - Frauen bis zu vier Mal im
Jahr, Männer sogar sechs Mal. Plasma könne auch öfter gespendet
werden, sagte Laumann. Termine seien unter anderem online zu buchen.

Wichtig sei es, jetzt eine neue Generation für «die Blutspende als
soziales Engagement» zu gewinnen, unterstrich Zeiler. Wenn die
Babyboomer-Generation aus der Altersgruppe der Spender in die Gruppe
der Blutempfänger hinein wachse, drohe andernfalls ein
Versorgungsproblem.

«Jeder von uns kennt Menschen, die Blut brauchen», betonte der Arzt.
«Meine eigene Mutter würde nicht mehr leben, wenn es keine Blutspende
gäbe.»