Senat verschärft Corona-Regeln in Hamburg deutlich

Sperrstunde um 23.00 Uhr in allen Gaststätten, Maskenpflicht im
Unterricht für Berufs- und Oberstufenschüler und deutlich weniger
Gäste bei Privatfeiern. Hamburgs rot-grüner Senat greift wegen der
steigenden Corona-Zahlen durch.

Hamburg (dpa/lno) - Hamburg verschärft wegen der steigenden Zahl an
Neuinfektionen die Corona-Regeln deutlich. So müssen von Samstag an
alle Gaststätten der Hansestadt bis auf weiteres um 23.00 Uhr
schließen und dürfen erst wieder um 5.00 Uhr am Folgetag öffnen, wie

der Senat am Freitag mitteilte. In diesem Zeitraum gelte zugleich ein
allgemeines Verkaufs- und Abgabeverbot von alkoholischen Getränken.
Gleichzeitig dürfen in der eigenen Wohnung nur noch maximal 15
Menschen feiern, bislang waren es 25. Darüber hinaus müssen
Berufsschüler und Schüler an den Oberstufen der allgemeinbildenden
Schulen von kommender Woche an auch im Unterricht Mund-Nase-Masken
tragen.

«Wir tragen jetzt alle die Verantwortung dafür, dass das Virus nicht
noch mehr Menschen infiziert und unser Leben erneut zum Stillstand
bringt», sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank.
Oberstes Ziel sei, dass Menschen gesund blieben, Schulen und Kitas
offen seien und die Wirtschaft sich erhole. «Deshalb haben wir
strengere Regeln beschlossen, die uns Disziplin abfordern und
Verzicht zumuten», sagte die Grünen-Politikerin. Das ist hart, aber
unvermeidbar. «Noch haben wir die Chance, das Infektionsgeschehen zu
kontrollieren und einen erneuten Lockdown zu verhindern - ich bin
optimistisch, dass wir das in Hamburg schaffen.»

Am späten Nachmittag wollten Bürgermeister Peter Tschentscher,
Sozialsenatorin Melanie Leonhard, Innensenator Andy Grote und
Schulsenator Ties Rabe (alle SPD) die Neuregelungen bei einer
Pressekonferenz erläutern. Hintergrund der Verschärfung sind die
weiter steigenden Corona-Fälle in Hamburg. So sei die Zahl der
registrierten Neuinfektionen innerhalb eines Tages um 160 Fälle
gestiegen, teilte die Gesundheitsbehörde am Freitag mit. Die
Sieben-Tage-Inzidenz stieg von 41,4 auf 42,2 Neuinfektionen. Der
Wert, der die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen
sieben Tagen angibt, liegt nun seit gut einer Woche über dem als
kritisch geltenden Wert von 35.

Auch bei den Veranstaltungen ohne feste Sitzplätze, etwa bei
Hochzeitsfeiern, griff der Senat zu strengeren Regeln. Waren bislang
bei derartigen Feiern mit Alkoholausschank im Freien 100 und in
Räumen 50 Gäste erlaubt, sind nun den Angaben zufolge nur noch halb
so viele Menschen zugelassen. Gleiches gelte für Feiern ohne Alkohol,
zu denen bislang 200 beziehungsweise 100 Menschen kommen durften. Für
Veranstaltungen mit festen Sitzplätzen muss nun statt ab 200 bereits
ab 100 Teilnehmern ein detailliertes Schutzkonzept erstellt werden.

Neben der Maskenpflicht für Berufs- und Oberstufenschüler sollen die
Klassenräume in allen Schulen künftig alle 20 Minuten gelüftet werden

- was die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft mit Blick auf den
nahenden Winter scharf kritisierten. Fraktionschefin Sabine
Boeddinghaus sagte, sie erwarte stattdessen «ein massives
Investitionsprogramm in Luftfilter» und einen flexiblen Unterricht an
unterschiedlichen Orten. «Das erst sichert beides:
Bildungsgerechtigkeit und Gesundheitsschutz.»

Die IHK Nord forderte unterdessen die Aufhebung des sogenannten
Beherbergungsverbots in Hamburg, wonach Gäste aus deutschen
Risikogebieten nur dann in der Hansestadt übernachten dürfen, wenn
sie einen negativen Corona-Test vorlegen können. Ein
Beherbergungsverbot sei kein verhältnismäßiges Mittel, um die
Pandemie einzudämmen, sagte die Vorsitzende der IHK Nord, Janina
Marahrens-Hashagen. «Für die Betriebe ist es ein unglaublicher
Aufwand und teils unmöglich nachzuvollziehen, welche Gäste aus einem
innerdeutschen Risikogebiet kommen.» Außerdem gälten in allen
Bundesländern unterschiedliche Regelungen.

Zuvor war ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen mit einem Eilantrag
gegen das Beherbergungsverbot beim Verwaltungsgericht Hamburg
gescheitert. Das Interesse an der öffentlichen Gesundheit und des
Infektionsschutzes und damit letztlich das Recht auf körperliche
Unversehrtheit einer Vielzahl von Menschen überwiege das für sich
genommen durchaus gewichtige Interesse des Kölner Paares an seinem
geplanten Urlaub, entschieden die Richter. Eine Beschwerde gegen
diesen Beschluss wurde am Abend vom Oberverwaltungsgericht
zurückgewiesen.

Zu berücksichtigen sei dabei, dass die Situation in einem Stadtstaat
mit einer Vielzahl von Menschen und insbesondere auch touristischen
Besuchern auf engem Raum anders zu bewerten sein könnte als dies in
Flächenstaaten angezeigt sei. Gegen die Entscheidung des Gerichts sei
eine Beschwerde beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht möglich.

Die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr wird nach Angaben des
Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) inzwischen von 95 Prozent der
Fahrgäste eingehalten. Insgesamt hätten die rund 750 Kontrolleure
seit Ende August knapp 5500 Strafen verhängt, teilte die Hochbahn
mit. Wer keine Maske oder diese falsch trägt, muss im öffentlichen
Nahverkehr Hamburgs mit einer Strafe in Höhe von 40 Euro rechnen.