Von diesen Corona-Impfstoffen könnte Deutschland früh profitieren Von Taylan Gökalp, dpa

Noch gibt es keinen Corona-Impfstoff. Dennoch schließt die EU schon
Verträge ab, um früh versorgt zu sein. Ein Überblick über die Mitte
l,
die in Deutschland wohl an ehesten zur Verfügung stehen könnten.

Brüssel (dpa) - Die Menschen sehnen sich nach Normalität. Da wirkt
die Aussicht auf einen Impfstoff wie eine Verheißung. Um früh mit dem
begehrten Mittel versorgt zu sein, schließen die EU und auch andere
Länder schon jetzt Lieferverträge mit Pharmakonzernen. Zudem stellte
die EU am Donnerstag ihre Impfstoffstrategie mit Empfehlungen für die
Mitgliedstaaten vor. Rund 40 Mittel weltweit werden schon am Menschen
erprobt, regelkonform auf dem Markt ist aber noch keines. Laut
Bundesgesundheitsministerium könnten Zulassungen von
Corona-Impfstoffen noch in diesem Jahr erfolgen, sofern deren
Studiendaten positiv sind. Folgende Kandidaten könnten in der EU und
hierzulande im Fall einer Zulassung früh zum Einsatz kommen:

ASTRAZENECA: Mit dem britisch-schwedischen Unternehmen AstraZeneca
hat die EU bereits einen Rahmenvertrag über die Lieferung von
Impfdosen geschlossen. Dessen Mittel wird bereits in Phase 3
getestet. In dieser Phase wird das Mittel vielen Tausend Menschen
verabreicht. Es geht darum, ob der Impfstoff-Kandidat tatsächlich vor
einer Corona-Infektion schützt. Laut Gesundheitsministerium entfallen
54 Millionen Impfstoffdosen auf die Bundesrepublik. Das würde nach
Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn zunächst für rund 27
Millionen Menschen hierzulande reichen. Der Impfstoff wird derzeit
von der europäischen Arzneimittel-Behörde EMA in einem sogenannten
Rolling-Review-Verfahren geprüft - und ist damit der Zulassung schon
einen Schritt näher. Bei diesem Verfahren werden Daten aus der
klinischen Prüfung fortlaufend eingereicht und bewertet.

JOHNSON & JOHNSON: Mit der belgischen Tochter des US-Pharmakonzerns
Johnson & Johnson schloss die EU-Kommission Verträge über die
mögliche Lieferung von 200 Millionen Dosen. Vorgesehen ist zudem eine
Option für weitere 200 Millionen Dosen, wie die Brüsseler Behörde
mitteilte. Der Impfstoff wurde zuletzt in Phase 3 getestet. Am Montag
(Ortszeit) gab Johnson & Johnson jedoch überraschend bekannt, dass es
seine Studie wegen einer ungeklärten Erkrankung eines Probanden
vorübergehend unterbrochen habe.

SANOFI/GSK: Der Impfstoff der beiden Hersteller Sanofi (Frankreich)
und GSK (Großbritannien) wird nach Angaben der EU-Kommission seit
September getestet. Die entscheidende Phase-3-Studie soll bis Ende
2020 starten. Läuft alles glatt, wollen die Hersteller den Impfstoff
im zweiten Halbjahr 2021 verfügbar haben. Die EU hat einen Vertrag
über die Lieferung von bis zu 300 Millionen Einheiten des künftigen
Impfstoffes geschlossen.

BIONTECH/PFIZER, CUREVAC, MODERNA: Mit diesen Unternehmen hat die EU
nach eigenen Angaben bereits erfolgreiche Sondierungsgespräche
abgeschlossen. Während Biontech/Pfizer und Moderna ihre Impfstoffe
schon in Phase 3 testen, ist der Impfstoff des deutschen Herstellers
Curevac noch nicht ganz so weit und wird in Phase 2 untersucht. Der
Impfstoff von Biontech-Pfizer wird im Rolling-Review-Verfahren der
EMA geprüft. Moderna gab am Mittwoch für seinen Impfstoff bekannt,
dass die EMA diesen für die Einreichung eines Antrags auf
Marktzulassung in der Europäischen Union zugelassen habe.

WEITERE IMPFSTOFFE Neben den von der EU favorisierten Herstellern
sind auch andere Konzerne mit ihren Impfstoff-Kandidaten schon recht
weit. Dazu gehören die chinesischen Firmen SINOVAC, CANSINO und
SINOPHARM. Auch das US-Unternehmen Novavax testet seinen Impfstoff
bereits in Phase 3. Das Moskauer Gamaleja-Forschungszentrum hat den
weltweit ersten Corona-Impfstoff entwickelt, der zur breiten
Verwendung in der Bevölkerung zugelassen ist - gegen internationale
Bedenken. Der Impfstoff mit den Namen «Sputnik-V» wurde vor Beginn
der - inzwischen eingetretenen - Phase 3 genehmigt. Am Mittwoch sei
in Russland ein zweiter Impfstoff mit dem Namen «EpiVacCorona»
registriert worden, sagte Präsident Wladimir Putin der Staatsagentur
Tass zufolge.

Die EU-Kommission empfiehlt ihren Mitgliedsstaaten, bestimmte
Personengruppen bei der Impfung vorrangig zu behandeln. Da anfangs
nur geringe Mengen zur Verfügung stünden, sollten etwa medizinisches
Personal, Menschen über 60 Jahre, Kranke und Personen mit sozialen
Nachteilen den schützenden Piks zuerst bekommen. Gleichwohl hätten -
sobald ein Stoff zugelassen sei - alle 27 Staaten gleichzeitig Zugang
zu ersten Lieferungen, verteilt nach der Bevölkerungszahl. Zudem
empfiehlt die Behörde den EU-Staaten, Vorbereitungen für die
Impfungen zu treffen, etwa Kühlketten und medizinisches Personal zu
organisieren. Grundsätzlich sollte das Prinzip einer kostenlosen
Impfung gelten.