NRW läuft auf neue Corona-Höchstwerte zu - Entscheidungen am Freitag

Auf der Corona-Landkarte werden die roten Risiko-Gebiete größer: Au
ch
in NRW stehen daher Entscheidungen für weitere Einschränkungen bevor.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Angesichts rasant ansteigender
Infektionszahlen stehen auch in Nordrhein-Westfalen Beschlüsse über
strengere Einschränkungen im privaten und öffentlichen Leben bevor.
An diesem Freitag wird das Landeskabinett in einer Video-Schalte
entscheiden, was die jüngste Bund-Länder-Einigung zum
Corona-Krisenmanagement für das einwohnerreichste Bundesland
bedeutet. Das kündigte ein Sprecher der Staatskanzlei am Donnerstag
auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf an.

Unmittelbar nach der Kabinettssitzung will sich Ministerpräsident
Armin Laschet (CDU) bei einem Corona-Gipfel mit allen
Oberbürgermeistern und Landräten austauschen. Bei der Video-Konferenz
sollen die neuen Regeln für NRW und Ergebnisse der Berliner Konferenz
vorgestellt werden.

Einige Städte, wie etwa Solingen, legten angesichts der
bevorstehenden Richtlinienentscheidungen der Landesregierung geplante
Corona-Verfügungen zunächst auf Eis. Der Oppositionsführer im
Landtag, SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty mahnte: «Die Regierung
Laschet darf jetzt die Verantwortung für den Schutz der Gesundheit
unserer Bevölkerung nicht wieder an die Kommunen abdrücken.»

Bund und Länder hatten am Mittwochabend nach mehrstündigem Ringen
beschlossen, den alarmierenden Anstieg der Infektionszahlen
insbesondere in deutschen Risikoregionen mit weiteren Restriktionen
einzudämmen. Vorgesehen sind demnach eine Ausweitung der
Maskenpflicht, strengere Kontaktbeschränkungen - sowohl für private
Feiern, als auch für Veranstaltungen - sowie eine Sperrstunde ab 23
Uhr für die Gastronomie in Kommunen mit 50 oder mehr Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen.

Laschet twitterte: «Mehr Schutz für die Verwundbarsten, gemeinsame
und klare Regeln in Hotspots: Das war dringend notwendig.» Nun würden
die Gesundheitsämter gestärkt, um Infektionsketten nachzuverfolgen.
«Kontakte müssen deutlich reduziert werden. Wir haben es selbst in
der Hand, das Virus zu stoppen.»

Laschet hatte sich in der Bund-Länder-Runde nicht damit durchsetzen
können, das umstrittene Beherbergungsverbot für Gäste aus
Risikogebieten zu kippen. Das machte dann am Donnerstag der
Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg (Az. 1S3 3156/20). Er gab
einem Eilantrag von Reisewilligen aus dem Kreis Recklinghausen statt
(7-Tage-Inzidenz: 70), die Urlaub im Kreis Ravensburg gebucht hatten.
Auch Sachsen kündigte am Donnerstag an, das Beherbergungsverbot für
Menschen aus Corona-Risikogebieten aufzuheben. Die Regelung soll ab
Samstag gelten.

Laschet hatte zuvor noch einmal bekräftigt: «Das Beherbergungsverbot
setzt falsche Anreize: Es zwingt Menschen, sich vor einer
Hotelübernachtung frei testen zu lassen. Wichtige Testreagenzien, die
jetzt dringend gebraucht werden, werden verschwendet. Unsinnige
Vorschriften gefährden die wichtige Akzeptanz der Corona-Regeln.»
Vize-Regierungschef Joachim Stamp (FDP) twitterte: «Gut, dass sich
NRW auf diese unwirksame und unhaltbare Regelung gar nicht erst
eingelassen hat.»

Erst in dieser Woche hatte die Landesregierung bereits einen Erlass
mit schärferen Einschränkungen für Städte und Kreise mit vielen
Neuinfektionen verfügt. Seitdem dürfen sich etwa in den 50er-Regionen
- jenseits von Feiern, für die Sonderregelungen gelten - nur noch
maximal fünf Personen aus verschiedenen Haushalten draußen zum Bier
am Stammtisch oder an einem Tisch im Restaurant treffen.

Nach Angaben des Landeszentrums Gesundheit wurden für Mittwoch in NRW
vorerst 1347 Neuinfektionen diagnostiziert und gemeldet.
Möglicherweise wird hier der bisherige Höchstwert demnächst
übertroffen: am 9. Oktober waren 1419 Neuinfektionen festgestellt
worden. Ob der Tagesrekord gerissen wird, steht aber erst in einigen
Tagen fest, wenn die letzten Nachmeldungen eingegangen sind. Labore
und Ämter brauchen teilweise mehrere Tage für ihre Auswertungen.

Neben zahlreichen Großstädten im Rheinland und Westfalen - darunter
Düsseldorf, Dortmund und Köln - gilt inzwischen fast das gesamte
Ruhrgebiet als Risikogebiet. Drei weitere Städte überschritten nach
Angaben des Robert Koch-Instituts am Donnerstag die Warnstufe von 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen: In Bochum
lag der Wert bei 53,3, in Dortmund bei 50,7 und in Mülheim bei 59,8.
Damit stehen auch dort härtere Anti-Corona-Maßnahmen an.

In anderen Ruhrgebietsstädten war der kritische Wert bereits zuvor
gerissen worden, in Herne ist er mit 92 besonders hoch. Als eine Art
letztes «gallisches Dorf» behauptet sich derzeit noch Bottrop als
einzige Großstadt im Ruhrgebiet, die mit einer 7-Tage-Inzidenz von 17
noch unter der 20er-Marke liegt.