3000 Euro Soforthilfe für Gastronomen - Besuchsregeln für Kliniken

Wegen der Sperrstunde haben Bar- und Kneipenbesitzer erhebliche
Umsatzeinbrüche. Der Senat will ihnen finanziell helfen. Neue
Maßnahmen zur Pandemie-Eindämmung könnten bald kommen.

Berlin (dpa/bb) - Berliner Gastronomen, die wegen der nächtlichen
Sperrstunde zur Eindämmung der Corona-Pandemie in ihrer Existenz
bedroht sind, können bis zu 3000 Euro staatliche Soforthilfe
erhalten. Das Geld soll als Zuschuss für Mietkosten fließen, wie der
Senat bei einer Schaltkonferenz am Donnerstagvormittag beschloss.

Adressaten sind laut Wirtschaftsverwaltung bis zu 2500 Bars und
Gaststätten. Sie können den Zuschuss bei der Investitionsbank Berlin
(IBB) beantragen und müssen dabei existenzbedrohende Einbußen im
Vergleich zum Vormonat «plausibel machen». Das Programm ist auf die
Dauer der verschärften Corona-Regeln beschränkt, also zunächst bis
31. Oktober.

«Mit diesem schnellen und zielgenauen Hilfsprogramm für Betriebe der
Schankwirtschaft unterstützen wir insbesondere diejenigen, die ihren
bisherigen Hauptumsatz am späten Abend und nachts erwirtschaften»,
erklärte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne).

Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sagte, das Programm könne
grundsätzlich auch verlängert werden und müsse eine echte Soforthilfe

sein. «Es verzichtet bewusst auf komplizierte
Bescheinigungsverfahren, auch muss kein Steuerberater eingeschaltet
werden. Deshalb sind wir optimistisch, dass wir rasch helfen können.»

Die Industrie- und Handelskammer kritisierte die Soforthilfe bereits
vor dem Beschluss: Sie sei «besser als nichts», aber nicht
ausreichend. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja meinte, die
Mietzuschüsse seien eher «aktive Sterbebegleitung» als tatsächliche

Hilfe. Durch die Sperrstunde drohe eine ganze Branche zu ersticken.

Der Senat hatte die seit vergangenem Samstag geltende Sperrstunde von
23.00 bis 06.00 Uhr für Gastronomie und Handel als Maßnahme gegen die
Corona-Pandemie beschlossen. Alle Gaststätten und fast alle Geschäfte
müssen in der Zeit schließen. Der Senat hofft mit der Maßnahme vor
allem, private Feiern und illegale Partys im Freien mit viel Alkohol
zu unterbinden. Denn die Behörden führen das Infektionsgeschehen
nicht zuletzt darauf zurück.

Weitere Beschlüsse fasste der Senat am Donnerstag nicht. Mögliche
neue Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die am Mittwoch
beim Treffen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
beraten und vereinbart wurden, sollen bei der regulären Senatssitzung
am nächsten Dienstag besprochen und gegebenenfalls beschlossen
werden. Das teilte eine Senatssprecherin mit.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller appellierte an die
Eigenverantwortung der Bürger. Es werde gerade im privaten Bereich
darauf ankommen, dass die Menschen den Ernst der Lage wieder
erkennen: «Wer seine Oma, seinen Opa oder andere Familienmitglieder
nicht gefährden will, der macht jetzt einfach auch keine Feiern mit
30, 40 Leuten im privaten Raum bei sich zuhause», sagte der
SPD-Politiker im RBB-Inforadio.

Man dürfe sich nicht in Sicherheit wiegen, sondern müsse die Corona-
Entwicklung in Staaten betrachten, «die sich erst mal zurückgelehnt
haben». Dort seien die Zahlen explodiert. «Das darf uns nicht
passieren, wenn wir alle miteinander weiter einschneidende Maßnahmen
verhindern wollen. Es kommt jetzt auf jeden und jede Einzelne an.»

Merkel und die Ministerpräsidenten hatten sich am Mittwoch auf
einheitliche Regeln für Städte und Regionen mit hohen
Infektionszahlen verständigt. Dazu gehören eine Ausweitung der
Maskenpflicht, eine Begrenzung der Gästezahl bei privaten Feiern,
Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum und eine Sperrstunde für
die Gastronomie. Viele der Maßnahmen waren in Berlin bereits
beschlossen worden.

Wegen des Wiederanstiegs der Neuinfektionen gelten ab Samstag auch
neue Besuchsregeln für Berliner Krankenhäuser. Nach Angaben der
Gesundheitsverwaltung dürfen Patienten dann einmal am Tag von einer
Person Besuch bekommen - für eine Stunde. Menschen mit Symptomen, die
auf Covid-19 hinweisen, dürfen nicht zu Besuch kommen. Für Besuche
bei Schwerstkranken und Sterbenden sind keine Einschränkungen
vorgesehen. Auch Seelsorge ist weiter möglich. Frauen vor der
Entbindung können sich einen Menschen aussuchen, der sie begleitet.

Die Kulturverwaltung kündigte an, dass für kleine Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften, die durch die Corona-Pandemie in
finanzieller Notlage sind, ein neues Hilfsprogramm gestartet wird.
Gefördert werden könnten Miet- oder Personalkosten sowie
coronabedingte Sachausgaben, etwa für Desinfektionsmittel.

In Berlin gab es am Mittwoch weitere 503 Corona-Neuinfektionen. Am
Dienstag war mit 706 Neuinfektionen der höchste Tageswert seit Beginn
der Pandemie im Frühjahr gemeldet worden. Laut dem Corona-Lagebericht
liegt Berlin mit 76,3 über dem kritischen Schwellenwert von 50
Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen.