Expertenkommission sieht Fehler bei Corona-Krisenmanagement in Ischgl

Innsbruck (dpa) - Beim umstrittenen Corona-Management im
österreichischen Ischgl sind nach Darstellung einer
Expertenkommission schwere Fehler passiert. So sei der Betrieb der
Skibusse und der Seilbahnen einen Tag später als erforderlich
eingestellt worden, sagte der Kommissionsvorsitzende Ronald Rohrer am
Montag in Innsbruck.

Die Verkündung der Quarantäne über das Paznauntal durch Bundeskanzler

Sebastian Kurz am 13. März hätte aus Sicht der Experten besser
vorbereitet werden müssen. Es habe panikartige Reaktionen bei den
vielen ausländischen Gästen gegeben, die in Windeseile versucht
hätten, die Region zu verlassen. Es habe an der sofortigen
Information an die Touristen gefehlt, dass sie über das Wochenende
«gestaffelt und kontrolliert» abreisen sollten. Außerdem habe es
keinen Evakuierungsplan gegeben, kritisierte Rohrer.

Für einen oft kolportierten Einfluss der Tourismus- und
Seilbahnwirtschaft auf die Entscheidungen der Behörden gebe es keine
Anhaltspunkte. Als positiv und angemessen wertete die Kommission, die
anfängliche Reaktion der Behörden nach Bekanntwerden der ersten Fälle

mit Bezug zu Ischgl um den 3. März.

Die Kommission hatte für den Bericht insgesamt 53 Menschen befragt,
darunter Betroffene, Vertreter der Seilbahn- und der
Tourismuswirtschaft sowie Verantwortliche auf Bezirks-, Landes- und
Bundesebene. Der 1600-Einwohner-Ort in Tirol gilt nicht zuletzt wegen
der dortigen Feiern beim Après-Ski als einer der Hotspots bei der
Verbreitung des Coronavirus in Teilen Europas. Auch viele deutsche
Gäste steckten sich hier an.

Bei einem Verbraucherschutzverein, der die Interessen der
Geschädigten vertreten will, haben sich inzwischen mehr als 6000
Tirol-Urlauber aus 45 Staaten gemeldet. Tausende Corona-Infektionen
in Europa sollen auf Menschen, die in Tirol Urlaub gemacht haben,
zurückzuführen sein. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen
vier Verdächtige wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Gefährdung v
on
Menschen durch übertragbare Krankheiten.

Die Expertenkommission hatte nicht den Auftrag, strafrechtliche
Ermittlungen vorzunehmen oder über Schadenersatzansprüche von
Geschädigten zu entscheiden.