Corona-Notstand: Slowakei ruft Armee zu Hilfe

Bratislava (dpa) - Weil die Corona-Infektionszahlen trotz des seit 1.
Oktober geltenden Notstands rasant steigen, hat die slowakische
Regierung den Einsatz der Armee beschlossen. Die Kapazitäten der
Gesundheitsbehörden seien am Rand ihrer Möglichkeiten angekommen,
erklärte Gesundheitsminister Marek Krajci am Freitag in Bratislava.
Die Soldaten sollten bei Corona-Tests und dem Nachverfolgen von
Kontakten Infizierter assistieren sowie das Krankenhauspersonal bei
Routinetätigkeiten unterstützen.

Dafür habe die Regierung die Bereitstellung von 1500 täglich
einsetzbaren Soldaten beschlossen, sagte Verteidigungsminister
Jaroslav Nad. Der populistisch-konservative Regierungschef Igor
Matovic schloss nicht aus, dass ganze Regionen vorübergehend unter
Quarantäne gestellt werden: «Diese Frage ist auf dem Tisch.»

Die Slowakei gehörte im Frühjahr zu den am wenigsten von der Pandemie
betroffenen Ländern Europas. Seit Mitte September melden die
Gesundheitsbehörden jedoch fast täglich neue Rekorde, obwohl das Land
weniger testet als die meisten anderen EU-Länder. Am Freitag wurden
zum zweiten Mal mehr als 1000 Neuinfektionen pro Tag bestätigt. Die
Zahl von 57 coronabedingten Todesfällen seit Ausbruch der Pandemie im
März ist zwar gemessen an der Einwohnerzahl von 5,4 Millionen
niedrig. Allerdings zählt die Slowakei nur Tote, bei denen keine
andere Todesursache nachgewiesen werden kann.

Die häufigsten Infektionsherde waren zuletzt Hochzeiten und andere
Familienfeiern. Regierungschef Matovic prangerte deshalb die
«Disziplinlosigkeit» eines Teils der Bevölkerung an.
Gesundheitsexperten warfen indes der Regierung Missmanagement vor.