Schlagabtausch der Vize-Kandidaten - Trump sagt TV-Duell mit Biden ab

Das erste TV-Duell von Trump und Biden war chaotisch. Die
Vize-Kandidaten Pence und Harris boten eine geordnetere Debatte. In
der Sache griffen sie sich hart an. Der in Umfragen zurückliegende
Trump sagt unterdessen das nächste Duell mit Biden ab.

Washington (dpa) - Dreieinhalb Wochen vor der Präsidentenwahl in den
USA bestimmen die TV-Duelle den Wahlkampf: In der einzigen Debatte
der Vize-Kandidaten warf Herausforderin Kamala Harris Vizepräsident
Mike Pence Versagen im Kampf gegen die Corona-Pandemie vor. Präsident
Donald Trump kündigte unterdessen an, das nächste TV-Duell gegen
Herausforderer Joe Biden zu boykottieren, weil es kein direktes
Gegenüber mehr sein soll. Trump hatte sich mit dem Virus infiziert.
In den Umfragen liegt er zurück.

«Ich werde meine Zeit nicht mit einer virtuellen Debatte
verschwenden», sagte der 74-Jährige am Donnerstag im Fernsehsender
Fox Business. Unmittelbar zuvor hatte die zuständige unabhängige
Kommission CPD angekündigt, die Debatte werde aus Gründen des
Gesundheitsschutzes nur virtuell stattfinden. Die beiden Kandidaten
sollten demnach an unterschiedlichen Orten auftreten und online
zusammengeschaltet werden. Moderator und Gäste hingegen sollten wie
geplant in der Stadt Miami zusammenkommen.

Eine Sprecherin von Bidens Wahlkampfteam hingegen schien die
Möglichkeit eines TV-Duells nicht ausschließen zu wollen. Biden
«freue sich darauf, direkt mit dem amerikanischen Volk zu sprechen»,
erklärte Kate Bedingfield. Trumps Team wiederum erklärte, der
Präsident plane statt des TV-Duells nun eine Wahlkampfveranstaltung.
Trump sagte, er fühle sich wieder «perfekt». Er könne es kaum
erwarten, wieder in den Wahlkampf einzusteigen. Er gehe davon aus,
nicht mehr ansteckend zu sein.

Das Duell war zuletzt zunehmend umstritten, weil Trump sich von einer
Covid-19-Erkrankung erholt und bei dem Termin noch ansteckend sein
könnte. Der Republikaner hatte das zurückgewiesen und erklärt, er
freue sich auf das Duell. Der Demokrat Biden hingegen hatte erklärt,
dass Duell solle nicht stattfinden, falls Trump noch krank
beziehungsweise ansteckend sei. Das dritte und letzte TV-Duell ist
für den 22. Oktober geplant. Die Wahl ist am 3. November.

Bei der Debatte der Vize-Kandidaten am Mittwochabend (Ortszeit)
machte die Demokratin Harris die Pandemie zum zentralen Thema. «Das
amerikanische Volk ist Zeuge des größten Versagens einer Regierung in
der Geschichte unseres Landes geworden», sagte Harris in Salt Lake
City auf einer Bühne mit Vizepräsident Pence. «Das amerikanische Volk

hat Opfer bringen müssen wegen der Inkompetenz dieser Regierung.»

Pence konterte mit dem oft auch von Trump vorgebrachten Argument,
dass Corona-Maßnahmen seiner Regierung Hunderttausende Menschenleben
gerettet hätten. Zu Appellen von Biden und Harris, Vorsichtsmaßnahmen
zu ergreifen und beispielsweise einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen,
sagte Pence: «Der Unterschied ist hier: Präsident Trump und ich
vertrauen darauf, dass die amerikanischen Menschen ihre Wahl treffen,
was am besten für ihre Gesundheit ist.»

Die Debatte der Vize-Kandidaten verlief viel geordneter als das Duell
zwischen Trump und Biden, das eine Woche zuvor im Chaos versunken
war. Auslöser dafür war vor allem, dass Trump immer wieder Biden ins
Wort fiel. Die Vize-Kandidaten unterbrachen einander dagegen kaum -
auch, weil Harris zwei Anläufe von Pence mit einem resoluten «Mr.
Vizepräsident, jetzt rede ich» stoppte. Dafür überzog Pence immer
wieder die ihm zugeteilte Zeit. Er ließ sich auch von der
Moderatorin, der Journalistin Susan Page von der Zeitung «USA Today»,
nicht stoppen.

In einer Schnellumfrage des Nachrichtensenders CNN hielten 59 Prozent
Harris für die Gewinnerin der Debatte - und 38 Prozent Pence. Unter
Frauen war das Ergebnis mit 69 zu 30 Prozent noch eindeutiger. Trump
verkündete hingegen bei Twitter: «Mike Pence hat KLAR GEWONNEN!»
Biden schrieb an die Adresse von Harris: «Du hast uns alle heute
Nacht sehr stolz gemacht.» Am Donnerstag legte Trump nach und
verunglimpfte Harris als «Monster» und «Kommunistin». «Alles, was
sie
gesagt hat, war eine Lüge», behauptete Trump.

Pence fiel damit auf, dass er Fragen mehrfach ignorierte und
stattdessen die Botschaften platzierte, die er unterbringen wollte.
So redete er bei einer Frage nach der Position zu Abtreibungen
zunächst einmal darüber, wie die Trump-Regierung Irans Top-General
Ghassem Soleimani mit einem Raketenangriff getötet hatte.

Beide Kandidaten wichen der Frage aus, wie ihre Absprachen mit den
jeweiligen Präsidentschaftsanwärtern für eine Machtübergabe sind. E
s
ist ein wichtiger Punkt: Trump ist 74 Jahre alt und an Covid-19
erkrankt, Biden ist 77. Jeder der beiden wäre bei Amtsantritt im
Januar 2021 der älteste Präsident in der US-Geschichte. Pence griff
stattdessen die Bilanz von Präsident Barack Obama und dessen Vize
Biden im Kampf gegen die Schweinegrippe an. Harris sprach von ihrer
Erfahrung im US-Senat. Die Moderatorin hakte nicht nach.

Pence ging auch nicht auf die Frage ein, ob Trump und er eine
Wahlniederlage akzeptieren würden. «Ich denke, wir werden diese Wahl
gewinnen», sagte er. Harris antwortete: «Wir werden gewinnen. Und wir
werden niemandem erlauben, unsere Demokratie zu untergraben.» Trump
liegt in landesweiten Umfragen deutlich hinter Biden - auch wenn
diese wegen des Wahlsystems nur begrenzt aussagekräftig sind.

Harris (55) und Pence (61) bestritten ihr rund 90-minütiges Duell auf
etwa 3,7 Metern Distanz zueinander. Zusätzlich trennten sie
Plexiglasscheiben. Die Zuschauer trugen Masken.

Pence wich auch der Frage aus, ob er den Klimawandel für eine
existenzielle Bedrohung halte. «Das Klima ändert sich, wir werden der
Wissenschaft folgen», sagte er. Harris hingegen bezeichnete den
Klimawandel als «eine existenzielle Bedrohung für uns als Menschen».

Eine Biden-Regierung werde «mit Stolz» wieder dem Pariser
Klimaschutz-Abkommen beitreten.

Pence griff mehrfach Biden wegen seiner Vergangenheit als
Vizepräsident und Senator an. Unter anderem hielt er ihm vor, dass
Jobs an China verloren gegangen seien und Obamas Gesundheitsreform
gescheitert sei. Harris wiederum ging mit der Außenpolitik Trumps
hart ins Gericht: «Er hat unsere Freunde verraten und sich mit
Diktatoren auf der ganzen Welt verbündet.»