In Berlin drohen in Corona-Pandemie neue Beschränkungen

In Berlin steigt die Zahl der Corona-Infektionen weiter. Das treibt
Politik und Behörden um. Wie reagiert man sachgerecht? Der Senat
berät darüber.

Berlin (dpa/bb) - Die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen in
Berlin steigt immer weiter - und auf die Menschen kommen womöglich
neue Beschränkungen zu. Im Senat stehen nach Informationen der
Deutschen Presse-Agentur und anderer Medien zunächst drei Punkte zur
Diskussion: Eine nächtliche Sperrstunde, in der kein Alkohol
ausgeschenkt oder verkauft werden soll, Regelungen für
Kontaktbeschränkungen im Freien in der Nacht und eine neue Obergrenze
von zehn Teilnehmern für Feiern in geschlossenen Räumen. Erst seit
Samstag gilt hier eine Obergrenze von 25 Personen.

Ab 17.00 Uhr wollte der rot-rot-grüne Senat nach seiner regulären
Sitzung am Vormittag zum zweiten Mal am Dienstag über das weitere
Vorgehen in der Corona-Krise beraten. Ob die diskutierten Maßnahmen
am Ende so kommen, sei offen, hieß es aus Koalitionskreisen. Die
Gespräche seien sehr konstruktiv gewesen, sagte Senatssprecherin
Melanie Reinsch. Der Senat wolle sich dafür aber noch mehr Zeit
nehmen. Gegen 18.30 Uhr ist eine Pressekonferenz geplant.

In Berlin wurde zuletzt regelmäßig über Alkoholverbote diskutiert,
weil die Behörden private Feiern und illegale Partys als Treiber des
Infektionsgeschehens sehen. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD)
hatte sich am Wochenende erneut für schärfere Regelungen
starkgemacht. Linke und Grüne sind gegen immer neue, weitreichende
Beschränkungen. Unterschiedliche Einschränkungen beim Alkoholverkauf
gibt es schon in einigen anderen Städten wie München.

Erst seit vergangenem Samstag gelten in Berlin neue Beschränkungen,
die der Senat in der Vorwoche beschlossen hatte: Private Feiern im
Freien mit mehr als 50 Teilnehmern sind seitdem verboten. In
geschlossenen Räumen gilt eine Obergrenze von 25 Teilnehmern. Neu ist
auch eine Maskenpflicht in Bürogebäuden.

Trotz dieser Beschlüsse war Berlin wegen des raschen Anstiegs der
Infektionszahlen weiter unter Druck geraten. Mehrfach forderten
Vertreter der Bundesregierung öffentlich, die Stadt möge mehr zur
Bekämpfung der Corona-Pandemie und zur Durchsetzung der Regeln tun,
zuletzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Am Dienstag meldete sich auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
(CSU) zu Wort: Man könne Berlin nur «dringend raten», schärfere
Maßnahmen zu ergreifen. «Mir macht die Berliner Situation
ausdrücklich Sorgen. Ich befürchte, das ist am Rande der
Nicht-mehr-Kontrollierbarkeit», sagte Söder in München.

Berlins Wirtschaft zeigte sich ebenfalls besorgt. Senat und Bezirke
müssten für Party-Hotspots endlich ein funktionierendes
Kontrollsystem einführen, forderte IHK-Präsidentin Beatrice Kramm.
«Neue Regeln nützen nichts, wenn sich niemand um deren Einhaltung
kümmert.» Kramm verwies auf erhebliche wirtschaftliche Folgen bei
steigenden Infektionszahlen, etwa durch Arbeitsausfall oder die
Stornierung von Reisen nach Berlin. «Die Unvernunft einzelner führt
dazu, dass immer mehr Maßnahmen in den Fokus rücken, die am Ende alle
treffen - auch diejenigen, die die Regeln immer befolgt haben.»

Zuletzt breitete sich das Coronavirus in Berlin nach offiziellen
Zahlen stark aus. Die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner
innerhalb von sieben Tagen kletterte kontinuierlich auf mittlerweile
41,5 (Montag). Damit liegt dieser für die Bewertung des
Infektionsgeschehens wichtige Wert weit über der Grenze von 30, ab
der bei Politik und Behörden Alarmglocken klingen.

Im Bezirk Neukölln war der Wert am Montag auf 87,6 Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen hochgeschnellt. In
weiteren drei Bezirken - Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und
Tempelhof-Schöneberg - liegt er teils weit über 50. Auch sie gelten
damit nach den Kriterien des Robert Koch-Instituts als Risikogebiet.

Laut RKI gehören fünf Bezirke bundesweit zu den 10 größten
Corona-Hotspots. Das RKI weist neben Städten und Landkreisen die
Berliner Bezirke einzeln aus. In Schleswig-Holstein und
Rheinland-Pfalz gilt daher eine 14-tägige Quarantänepflicht für
Menschen aus diesen Bezirken. Damit stehen Urlaubsreisen in den
bevorstehenden Herbstferien in Frage. Die Landesregierung in Kiel
stellte indes am Dienstag in Aussicht, die Einstufung inländischer
Risikogebiete zu ändern.