Aufatmen in Garmisch: Nur drei Infizierte nach Kneipentour Von Sabine Dobel, dpa

Quarantäne missachtet - und andere gefährdet: Der Fall einer
möglichen Superspreaderin von Garmisch-Partenkirchen hat bundesweit
für Aufregung gesorgt. Doch wie viele Menschen hat die junge Frau
wirklich angesteckt?

Garmisch-Partenkirchen (dpa) - Die Massentests nach der Kneipentour
einer 26-jährigen Frau mit dem Corona-Virus durch
Garmisch-Partenkirchen lassen aufatmen: Nur drei von rund 740
Getesteten sind ebenfalls infiziert. «Wir haben alles im Griff»,
versprach Landrat Anton Speer (Freie Wähler) am Dienstag bei
Bekanntgabe der ersten Ergebnisse. Dennoch müsse man «äußerste
Vorsicht» walten lassen. Bars und Restaurants müssen nach einer
Verfügung des Landratsamts weiter schon um 22.00 Uhr schließen. Für
Privatveranstaltungen gelten Teilnehmerbeschränkungen.

In der «Edelweiss Lodge» der US-Streitkräfte für Soldaten und deren

Familien, wo die Frau beschäftigt ist, haben sich nach neuen Angaben
25 Menschen mit dem Virus infiziert. Das Hotel bleibt zwei Wochen
geschlossen. Auch bei den drei anderen Infizierten gibt es eine
Verbindung zu der Frau: ein Mitarbeiter einer Bar, in der die
26-Jährige unterwegs war, sowie zwei Gäste eines anderen Pubs, die
zur selben Zeit wie die Frau dort waren.

Die US-Amerikanerin war trotz Krankheitssymptomen und
Quarantäneauflage vor einer Woche durch Bars gezogen. Am Tag danach
erhielt sie das positive Testergebnis. Der möglichen Superspreaderin
(deutsch: Superverbeiterin) droht nicht nur ein Bußgeld wegen
Quarantäne-Verstoßes, sondern auch ein Verfahren wegen fahrlässiger
Körperverletzung. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte ihr
Verhalten «besonders rücksichtslos». Ministerpräsident Markus Söd
er
(ebenfalls CSU) sprach von einem «Musterfall für Unvernunft».

Insgesamt hatten sich rund 1000 Menschen testen lassen. Er hoffe,
dass es keine weiteren Fälle gebe, sagte Speer. Die Frau war mehrfach
auch in der Vorwoche im Nachtleben unterwegs, allerdings ohne
Quarantäneauflage. Unterdessen sorgt sich die Hotellerie, die nach
dem Lockdown in der Marktgemeinde am Fuß der Zugspitze wieder sehr
gute Umsätze verzeichnete. Es gibt Umbuchungen und Stornierungen.
Ganz besonders trifft es Hotels mit «Edelweiss» im Namen.

Bei Max Härtl vom «Hotel Almenrausch und Edelweiss» steht das Telefon

nicht still. Eine Frau, die gebucht hatte, sei in Tränen ausgebrochen
- «weil sie dachte, dass bei uns eine Infizierte arbeitet». Das
Problem sei die Namensgleichheit. «Wir kriegen das jetzt ab», sagte
Härtl. «Wir hoffen, dass sich das nächste Woche dreht.»

Das Landratamt ist weiter dabei, Infektionsketten nachzuverfolgen.
Ein Problem sei, dass viele in den Gästelisten falsche Namen und
Telefonnummern angegeben hätten, sagte Speer. Er rief vor allem junge
Menschen, die ebenfalls im Nachtleben unterwegs waren, zum Test auf.

Auch die US-Streitkräfte sind mit der Aufarbeitung beschäftigt. «Wir

sammeln derzeit die mit diesem Vorfall verbundenen Fakten», sagte ein
Sprecher. Es werde untersucht, wie es zu den Ansteckungen kommen
konnte. Gleich nach Bekanntwerden der Infektionen seien Ärzte der
US-Armee eingeflogen worden. Die Infizierten würden betreut, jedoch
werde niemand im Krankenhaus behandelt. Die Frau sei Zivilangestellte
der US-Streitkräfte, lebe auf deren Gelände und sei dort in
Quarantäne. Für sie gelten nach den Worten des Sprechers bayerische
Vorgaben und deutsches Recht.

Die Zahl neuer Corona-Fälle im Landkreis binnen der vergangenen
sieben Tage stieg nach Angaben des Landesamte für Gesundheit und
Lebensmittelsicherheit (LGL) auf 51. Der Sieben-Tage-Inzidenz pro 100
000 Einwohner kletterte auf 57,6 - und liegt damit deutlich über dem
kritischen Wert von 50. Bereits am Freitag hatte das Landratsamt für
den Ort Beschränkungen verhängt. Gaststätten müssen um 22.00 Uhr
schließen, maximal fünf Menschen dürfen sich im öffentlichen Raum
treffen. An Privatveranstaltungen dürfen höchstens 50 Personen in
geschlossenen Räumen oder 100 Personen draußen teilnehmen.