Corona-Lage in Frankreich - Regierung setzt auf regionale Maßnahmen

Wer an die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich im Frühjahr denkt,
hat sehr strenge Regeln im Kopf. Und immer, wenn neue Maßnahmen gegen
die Pandemie anstehen, fürchten viele genau das. Doch die Regierung
geht dieses Mal anders vor.

Paris (dpa) - Angesichts steigender Corona-Zahlen hat Frankreichs
Premier Jean Castex an das Verantwortungsbewusstsein seiner
Landsleute appelliert. «Das Virus zirkuliert mehr und mehr in
Frankreich», warnte er am Freitagabend nach einer Sitzung des
Verteidigungsrates. Die künftige Situation hänge «von Ihnen ab, von
uns.» Viele Französinnen und Franzosen hatten die Verhängung
strengerer Regeln erwartet - etwa regionale Ausgangsbeschränkungen
oder Schließungen von Restaurants. Doch davon hielt die Regierung
vorerst Abstand.

In einigen Regionen könnten aber dennoch strengere Maßnahmen
bevorstehen: Castex forderte drei besonders schwer getroffene
Regionen auf, bis Montag neue Maßnahmen im Kampf gegen das
Coronavirus vorzulegen. Das sind die Städte Marseille und Bordeaux
sowie das Überseegebiet Guadeloupe. Die Lage dort sei
«besorgniserregend», so Castex.

Der Premier kündigte an, dass die Dauer der Quarantäne von 14 auf 7
Tage verkürzt wird. «Es ist unerlässlich, dass sich alle strikt an
diese Zeit der Isolation halten, die einer Kontrolle unterliegen
wird», warnte er. Castex erklärte, den Vorschlag des
Wissenschaftlichen Rates umzusetzen. Dieser hat eine solche
Verkürzung für Kontaktpersonen und Infizierte vorgeschlagen.

Außerdem gelten nun insgesamt 42 Départements als Risikogebiete.
Zuvor waren es knapp 30. Das heißt, dass die Behörden vor Ort die
Möglichkeit haben, Maßnahmen zu ergreifen, die das öffentliche Leben

einschränken. Zu diesen Gebieten zählen etwa der Großraum Paris und
weite Teile der Mittelmeerküste. Die Bundesregierung hat für diese
und weitere Regionen eine Reisewarnung ausgesprochen.

Frankreich ist von der Pandemie schwer getroffen worden. Am
Donnerstag wurden binnen 24 Stunden knapp 10 000 neue Infektionen
verzeichnet. Dies war die höchste Zahl seit Beginn der Pandemie. Am
Freitag waren es 9400. Die Zahlen bewegen sich seit Ende August auf
ähnlich hohem Niveau. Allerdings wird - wie in vielen anderen Ländern
auch - deutlich mehr getestet als noch im Frühjahr.

Derzeit sind große Versammlungen verboten. In einigen Städten wie
Paris sind Masken auf öffentlichen Plätzen und sogar auf den Straßen

vorgeschrieben. Zuletzt hat die Auslastung der Intensivbetten in
einigen Regionen wieder zugenommen - landesweit ist sie aber immer
noch niedrig. Ärztinnen und Ärzten zufolge sind die Covid-19-Verläufe

derzeit weniger schwerwiegend als im Frühjahr.

Castex befindet sich derzeit selbst in Quarantäne in seinem Amtssitz
Matignon in Paris. Er hatte am vergangenen Wochenende auf der
Pyrenäen-Etappe im Auto von Tour-de-France-Chef Christian Prudhomme
Platz genommen. Dieser wurde anschließend positiv auf das Coronavirus
getestet. Castex ist Berichten zufolge aber negativ getestet worden.
Bei dem Pressestatement galten dennoch strenge Sicherheitsregeln.