Bayern verstärkt Bekämpfung von Kriminalität im Gesundheitswesen

Das Gesundheitswesen ist ein Milliardengeschäft - und ein Paradies
für Kriminelle. Wo die Rechnung nicht selbst bezahlt werden muss,
guckt der Kunde nicht so genau hin. Dem will Bayern nun einen Riegel
vorschieben.

Nürnberg (dpa/lby) - Im Kampf gegen kriminelle Machenschaften im
Gesundheitswesen bündelt Bayern die Kräfte der Ermittler. Aus den
bisherigen drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften in Hof, Nürnberg und
München wird zum 15. September die Zentralstelle zur Bekämpfung von
Kriminalität im Gesundheitswesen in Nürnberg. Zwölf erfahrene
Staatsanwälte sollen in enger Zusammenarbeit mit den Experten der
Polizei dann Korruption und Betrug in einem der größten
Wirtschaftssektoren Deutschlands aufdecken, gab Bayerns
Justizminister Georg Eisenreich (CSU) am Donnerstag in Nürnberg
bekannt.

Pflegedienste, die versuchten, die Krankenkassen zu täuschen, Ärzte,
die Leistungen für Patienten abrechneten, die sie nie sahen. Oder
Physiotherapeuten die mehr in Rechnung stellten, als sie tatsächlich
geleistet hätten, nannte Eisenreich als Beispiele. «Betrug und
Korruption haben in den vergangenen Jahren große Dimensionen
erreicht», sagte er.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) begrüßte den Schritt in
Bayern. Schwerpunktstaatsanwaltschaften oder Zentralstellen gebe es
bisher nur in den Bundesländern Bayern, Hessen, Schleswig-Holstein
und Thüringen. «Ich würde mich freuen, wenn die anderen zwölf
Bundesländer dem Beispiel folgen», sagte Spahn.

Im Gesundheitswesen werde hervorragende Arbeit geleistet, es gehe
aber auch um viel Geld. 2018 wurden im deutschen Gesundheitswesen
mehr als 390 Milliarden Euro umgesetzt. «Da wo viele Menschen
arbeiten und wo es um viel Geld geht, gibt es immer auch einige
wenige, die nicht korrekt arbeiten», sagte Spahn. Diese müssten
ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden. «Das Problem
ist, dass wir das meiste gar nicht erkennen.»

Dem Gesundheitswesen gehen nach seiner Darstellung jährlich
Milliardenbeträge durch kriminelle Machenschaften - vom
Abrechnungsbetrug bis zur Korruption - verloren. Genaue Berechnungen
seien nicht möglich. Die Corona-Krise habe die Kriminalität noch
einmal befeuert. «Wir mussten die Prüfungen herunterfahren», sagte
Spahn. Nach und nach solle nun wieder der Normalzustand hergestellt
werden.

Wie kriminell es im Gesundheitswesen zugehen kann, lässt ein Blick
nach Frankfurt erahnen, wo ebenfalls eine Zentralstelle zur
Bekämpfung von Kriminalität im Gesundheitswesen existiert. Deren
Leiter wurde unter Korruptionsverdacht festgenommen, weil er
jahrelang die Aufträge für Gutachten an eine bestimmte Firma vergeben
hatte. Solche Machenschaften sollen in Nürnberg durch
Vier-Augen-Prinzip bei der Auftragsvergabe unmöglich gemacht werden,
sagte Generalstaatsanwalt Walter Kimmel.