Corona-Rekordanstieg in Tschechien - Maskenpflicht in Innenräumen

Eigentlich waren in Tschechien keine landesweiten Restriktionen mehr
vorgesehen. Doch nun nötigt ein deutlicher Anstieg bei den
Corona-Neuinfektionen die Regierung von Ministerpräsident Babis zum
Handeln.

Prag (dpa) - In Tschechien breitet sich das Coronavirus weiter rasant
aus. Die Bundesregierung sprach am Mittwochabend eine Reisewarnung
für die am stärksten betroffene Hauptstadt Prag aus und erklärte sie

zum Risikogebiet. Reiserückkehrer aus Risikogebieten müssen sich in
Quarantäne begeben und testen lassen. Die Warnung ermöglicht es
Reisenden, Buchungen kostenlos zu stornieren.

Bei der Zahl der täglichen Neuinfektionen wurde in Tschechien ein
neuer Rekordwert erreicht. Am Dienstag kamen 1164 Fälle hinzu, wie
das Gesundheitsministerium in Prag am Mittwoch bekanntgab. Der
bisherige Höchstwert innerhalb von 24 Stunden hatte bei knapp 800
gelegen. Die Gesamtzahl der aktiv Infizierten stieg damit auf rund
9300. Es wurden bisher insgesamt 441 Todesfälle mit einer
Covid-19-Erkrankung in Verbindung gebracht. Tschechien hat nur knapp
10,7 Millionen Einwohner.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte den jüngsten Anstieg
bereits am Vortag als «besorgniserregend» bezeichnet. Der
tschechische Gesundheitsminister Adam Vojtech gab nun bekannt, dass
vom Donnerstag an landesweit eine Maskenpflicht in allen Innenräumen
außerhalb der eigenen Wohnung gelte. Betroffen davon sind auch Büros,
nicht aber Klassenzimmer. Ausgenommen sind unter anderem Kinder unter
zwei Jahren. Bereits zuvor musste in öffentlichen Verkehrsmitteln ein
Mundschutz getragen werden.

«Wir rufen alle Bürger zu maximaler Verantwortung und der Einhaltung
grundlegender Hygieneregeln auf», teilte der 33 Jahre alte Minister
der populistischen Partei ANO mit. In den sozialen Netzwerken stieß
die Ankündigung Vojtechs überwiegend auf Kritik. Dem tschechischen
Ministerpräsidenten Andrej Babis wurde vorgehalten, dass er erst im
Juni erklärt habe, es werde künftig keine flächendeckenden Maßnahme
n
mehr geben. Eine Corona-Ampel sollte regional begrenzte
Verschärfungen ermöglichen.

Die Regierung in Prag hatte Mitte März als eine der ersten eine
Maskenpflicht eingeführt und die Grenzen geschlossen, die Maßnahmen
aber später wieder zurückgefahren. Nun sagte Regierungschef Babis,
der sein Land zu Beginn der Pandemie als einen Musterschüler
präsentiert hatte, man stehe vor einem «schweren Herbst».

Beobachter gehen davon aus, dass der jüngste Anstieg auch mit dem
Ende der Sommerferien und der Rückkehr zahlreicher Urlauber
zusammenhängen dürfte. Zu den beliebtesten Reiseländern der Tschechen

zählt traditionell Kroatien, wo die Corona-Zahlen zuletzt ebenfalls
gestiegen waren.

Mit der Einstufung Prags als Risikogebiet muss die Tourismusbranche
der Moldau-Metropole einen neuerlichen Schlag verkraften. Vor dem
Rathaus der Stadt demonstrierten am Mittwochnachmittag mehrere
Hundert Fremdenführer, die über existenzbedrohende Verdienstausfälle

klagten. Sie hielten Schilder mit dem Notsignal «SOS» hoch. «Wir
brauchen einen Rettungsring», forderte eine Sprecherin ihrer
Berufsvertretung und forderte staatliche Hilfen.