Anklage nach Todesfällen wegen verunreinigter Glukose in Köln

Vor einem Jahr starb in Köln eine werdende Mutter, nachdem sie ein
Glukosemittel getrunken hatte. Wie sich herausstellte, enthielt die
Glukose ein giftiges Präparat. Nun gibt es eine Anklage wegen
versuchten Mordes.

Köln (dpa) - Ein Jahr nach dem Tod einer jungen Frau und ihres per
Notkaiserschnitt zur Welt gebrachten Babys durch verunreinigte
Glukose ist Anklage gegen eine Apothekerin aus Köln erhoben worden.
Die Staatsanwaltschaft wirft der 50-Jährigen versuchten Mord durch
Unterlassen vor, wie das Landgericht Köln am Dienstag mitteilte. Sie
soll dem behandelnden Krankenhaus verschwiegen haben, dass eine
Lidocainvergiftung in Betracht komme.

Die Verteidiger der Apothekerin wiesen die Vorwürfe als «vollkommen
abwegig» zurück. Ihre Mandantin habe sich überhaupt nichts zuschulden

kommen lassen, erklärten die Anwälte in einer Mitteilung. Es werde
sich ihre Unschuld erweisen.

Die Staatsanwaltschaft hat auch Anklage wegen fahrlässiger Tötung
gegen die 50-Jährige erhoben. Dabei geht es um die Verunreinigung der
Glukose. Ob die Anklageschrift zugelassen und das Hauptverfahren
eröffnet wird, muss das Gericht noch entscheiden. Die Prüfung wird
voraussichtlich einige Wochen in Anspruch nehmen.

Die 28 Jahre alte Frau hatte Mitte September in der Praxis ihres
Gynäkologen eine Glukosemischung aus einer Kölner Apotheke getrunken.
Sie wurde daraufhin bewusstlos, kam ins Krankenhaus und starb dort
ebenso wie ihr durch Notkaiserschnitt zur Welt gebrachtes Kind.

Die Glukosemischung war Teil eines Routinetests auf Diabetes in der
Schwangerschaft. Wie sich herausstellte, war das Präparat aber mit
dem Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid durchsetzt. Dieses Mittel
wurde in der Apotheke nach früheren Angaben der Ermittler in einem
sehr ähnlichen Gefäß gelagert wie die Glukose. Deshalb gehen Polizei

und Staatsanwaltschaft nach früheren Angaben von einem Versehen aus.
Eine andere Schwangere, die zwei Tage vorher nur einen Schluck der
Lösung getrunken hatte, hatte sich von der Vergiftung erholt.

Der Apothekerin wird nun Mord durch Unterlassen vorgeworfen. «Die
Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeschuldigte durch
Hinweise von Mitarbeitern der gynäkologischen Praxis und einer Ärztin
aus dem behandelnden Krankenhaus auf die Vorfälle vom 17. und
19.09.2020, nach Kontrolle der eigenen Bestände und nach einer
Besprechung mit ihren Mitarbeitern spätestens um die Mittagszeit
wissen musste, dass bei den später Verstorbenen eine
Lidocainvergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand
in Betracht kommt», erklärte das Gericht.

Dennoch habe die Apothekerin das behandelnde Krankenhaus nicht
darüber informiert. Hätte sie dies getan, hätten die Frau und das
Kind «vergiftungsspezifisch behandelt werden können». Es ist
allerdings unsicher, ob sie dann noch hätten gerettet werden können.

Die Verteidigung kritisierte die Argumentation der Staatsanwaltschaft
als «befremdlich». Ihre Mandantin sei weder verantwortlich für die
bis heute ungeklärte Verunreinigung der Glukose noch habe sie
irgendetwas vertuschen wollen. Das Gegenteil sei richtig: Sie habe
das Glukosegefäß sofort nachdem sie vom Zusammenbruch der Frau
erfahren habe der Klinik ausgehändigt. Hätte sie etwas verheimlichen
wollen, hätte sie das Gefäß beseitigen können. Die Verteidigung
zeigte sich zuversichtlich, dass sich im weiteren Verfahren die
Unschuld der Apothekerin herausstellen werde.

Die betroffene Apotheke und zwei andere des gleichen Betreibers waren
nach den Todesfällen vorübergehend geschlossen worden. Einige Tage
später durften sie wieder öffnen. Der Fall hatte kurzzeitig auch zu
einer Diskussion darüber geführt, inwieweit Apotheken selbst
Arzneimittel herstellen sollten.