Merkel berät mit Gesundheitsämtern - Ärzte für «kluge Konzepte»

Im Kampf gegen die Pandemie fallen wichtige Entscheidungen in der
Politik - aber auch vor Ort. Nicht nur bei der Spurensuche nach dem
Virus gibt es Sorgen vor Überlastung. Die Kanzlerin will hinhören.

Berlin (dpa) - Die Gesundheitsämter in Deutschland sollen über ihre
zentrale Rolle in der Corona-Krise hinaus gestärkt werden. Über die
Lage und Probleme vor Ort will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an
diesem Dienstag in einer Videokonferenz sprechen. Teilnehmen sollen
Amtsleiter, Gesundheitsdezernenten der Kommunen, Oberbürgermeister,
Landräte und Vertreter der Länder. Bund und Länder haben bereits
Milliarden-Hilfen für die 375 Ämter zugesagt, die im Kampf gegen das
Coronavirus seit Monaten unter Hochdruck arbeiten - beim Verfolgen
von Infektionsketten oder beim Anordnen von Tests und Quarantäne.

Die Bundesärztekammer dringt auf konkrete nächste Schritte, um die
Stärkung der Ämter voranzubringen. «Wir begrüßen sehr, dass Bund
und
Länder mit dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ein bisher

beispielloses Hilfspaket für mehr Personal und bessere digitale
Ausstattung geschnürt haben», sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt

der Deutschen Presse-Agentur. «Aber niemand sollte glauben, dass sich
die Besetzung von 5000 neuen Stellen einfach beschließen lässt.» Die

eigentliche Arbeit fange jetzt erst an. Für den Ausbau des ärztlichen
Personals in den Ämtern brauche es kluge und nachhaltige Konzepte.

Reinhardt warb für einen eigenständigen Tarifvertrag für Ärzte im
Öffentlichen Gesundheitsdienst. Für eine dauerhaft bessere
Personalausstattung sei eine gesicherte, arztspezifische Vergütung
notwendig. «Nur so können Gesundheitsämter mit anderen medizinischen

Einrichtungen um hochmotivierte Ärztinnen und Ärzte konkurrieren.»
Neben dem personellen Ausbau müsse die digitale Vernetzung absolute
Priorität haben. Nötig seien «einheitliche und vor allem schnelle
Meldeketten» zwischen Gesundheitsämtern, Landes- und Bundesbehörden.


Nach einem Konzept von Bundesminister Jens Spahn (CDU) und seinen
Länderkollegen sollen bis Ende 2022 mindestens 5000 unbefristete
Vollzeitstellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst neu entstehen -
davon mindestens 1500 bis Ende kommenden Jahres. Geplant ist breit
angelegte Unterstützung bei neuen digitalen Lösungen. Kommen sollen
auch Anreize über das Besoldungsrecht, «tarifvertragliche Regelungen»

und attraktivere Arbeitsbedingungen. Der Bund will für die Umsetzung
der Maßnahmen vier Milliarden Euro bis 2026 bereitstellen. Die
Gesundheitsämter haben nach Verbandsangaben rund 17 000 Beschäftigte.

Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist nach einer Umfrage
zufrieden damit, dass vor allem auf lokaler Ebene über Schritte zur
Corona-Eindämmung entschieden wird. Rund 60 Prozent sagten in der
Umfrage des Instituts Civey im Auftrag des Deutschen Landkreistags,
dies habe sich «auf jeden Fall» oder «eher» bewährt.

Präsident Reinhard Sager sieht darin bestätigt, dass es «entscheidend

auf ein passgenaues, ortsangemessenes Handeln ankommt», wie er der
dpa sagte. Eindämmungsmaßnahmen, Kontaktverfolgung und Tests seien in
den Händen von Landkreisen und Gemeinden gut aufgehoben. «Wenn wir im
vergangenen halben Jahr eines lernen konnten, dann dies: Die Pandemie
kann dezentral gut beherrscht werden.» Es seien nur einige wenige
bundesweite Leitplanken nötig.