«Wandelnde Zeitbombe» in Rot am See - Angeklagter soll in Psychiatrie

Wahnvorstellungen und eine krankhafte seelische Störung sollen einen
jungen Mann in Rot am See dazu gebracht haben, einen Teil seiner
Familie zu töten. So zumindest die Ansicht eines Gutachters.

Ellwangen (dpa/lsw) - Im Prozess um die Gewalttat in Rot am See mit
sechs Toten hat sich ein Gutachter für die Einweisung des Angeklagten
in eine Psychiatrie ausgesprochen. Der 27-Jährige habe seine Mutter
und Halbschwester im Wahn erschossen, sagte der Psychiater Peter
Winckler am Mittwoch vor dem Landgericht Ellwangen. Eine von der
Staatsanwaltschaft vermutete paranoide Schizophrenie konnte der
Gutachter jedoch nicht feststellen. Er diagnostizierte eine
krankhafte seelische Störung. Die Aussichten auf Heilung seien
«äußerst gering».

Dem angeklagten Deutschen wird vorgeworfen, bei einem Familientreffen
am 24. Januar in der Gemeinde im Kreis Schwäbisch Hall seine
Verwandten erschossen zu haben - neben Mutter und Halbschwester auch
Vater, Halbbruder, Tante und Onkel. Zwei weitere Verwandte konnten
sich schwer verletzt retten. Dem Mann wird Mord und versuchter Mord
vorgeworfen.

Beim Prozessauftakt Ende Juni hatte der 27-Jährige gestanden und
Misshandlungen seiner Mutter als Motiv angegeben. Sie soll unter
anderem versucht haben, ihn mit weiblichen Hormonen zu vergiften.
Dafür konnten Gutachter jedoch keine Beweise finden.

Winckler sagte, dies sei einer der bislang schwierigsten Fälle
gewesen. Der Angeklagte habe zwar alle Fragen seiner Überzeugung nach
offen und ehrlich beantwortet. Gleichzeitig sei in ihm das Gefühl
entstanden, es mit «einer wandelnden Zeitbombe» zu tun zu haben.

Wie stark die seelische Qual des Angeklagten gewesen sein müsse,
zeige sein ursprünglicher Plan A: So habe er nicht vorgehabt, Mutter
und Schwester zu erschießen. Er habe sie erst betäuben und
verschleppen wollen. An einem ruhigen Ort habe er vor allem die
Mutter langsam zu Tode foltern wollen.

Ein Urteil in dem Prozess könnte an diesem Freitag (10. Juli)
gesprochen werden.