Breite Mehrheit gegen Abschaffung der Maskenpflicht in Geschäften

Erst galt eine Maskenpflicht als überflüssig zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie. Inzwischen wird sie als wichtiges Instrument
angesehen, um eine zweite Infektionswelle zu verhindern. Die
Kanzlerin macht eine Art Basta-Ansage.

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einer
Abschaffung der coronabedingten Maskenpflicht in Geschäften eine
klare Absage erteilt. Sie hat dabei breite Unterstützung aus den
Parteien und den Ländern. «Überall dort, wo im öffentlichen Leben d
er
Mindestabstand nicht gewährleistet sein kann, sind Masken ein
wichtiges und aus heutiger Sicht auch weiter unverzichtbares Mittel»,
sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Dies
sei nötig, um die Infektionszahlen niedrig zu halten und um die
Mitmenschen und sich selbst zu schützen. «Also: Ob im Bus, in der
U-Bahn oder im Einzelhandel soll es bei der Pflicht bleiben, Masken
zu tragen.»

Diese Position wird über Partei- und Ländergrenzen hinweg geteilt. So
sprachen sich unter anderem die CDU-Spitze sowie die Vorsitzenden von
CSU und SPD - Markus Söder und Saskia Esken - sowie verschiedene
Landesregierungen gegen eine Aufhebung der Maskenpflicht aus. Einen
solchen Schritt hatte Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister
Harry Glawe (CDU) in der «Welt am Sonntag» für sein Land angeregt.

Seibert ergänzte, die Beibehaltung sei gerade jetzt in der Ferienzeit
wichtig. «Auch Regionen, die womöglich jetzt sehr geringe Fallzahlen
hatten, bekommen nun Zulauf aus anderen Teilen des Landes.» Die neue
Mobilität sei zu begrüßen. «Aber sie muss einhergehen mit der
Beachtung der Regeln, die uns bisher in den vergangenen Monaten im
Kampf gegen diese Pandemie so gut gedient haben, nämlich Abstand,
Hygieneregeln und eben da, wo es nötig ist, Maskenpflicht.»

Ähnlich argumentierte die CDU-Spitze. «Corona macht keine Ferien»,
sagte Generalsekretär Paul Ziemiak nach den letzten Videoberatungen
vor der Sommerpause. Präsidium und Vorstand der CDU seien einhellig
der Meinung, dass es trotz der positiven Entwicklung der
Corona-Infektionslage in Deutschland keinen Grund gebe, von der
Maskenpflicht oder etwa dem Gebot des Abstandhaltens abzugehen.
«Maskentragen ist sexy», sagte Ziemiak, der zur Pressekonferenz mit
Mund-Nasen-Schutz in der Parteifarbe Orange kam.

Söder betonte vor einer Videokonferenz des CSU-Vorstands, man werde
die Maskenpflicht auf keinen Fall lockern oder abschaffen. Dies sei
eines der ganz wenigen Instrumente, wenn es um den Schutz vor dem
Coronavirus gehe. Die Maskenpflicht habe sich im Alltag auch bewährt.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte in Calw, die Corona-Bedrohung
sei bei weitem nicht überwunden. Es sei weiter dringend nötig,
Abstand zu halten und auf die Hygieneregeln zu achten, damit es keine
zweite Welle und keinen zweiten Lockdown gebe. «Da sind wir alle in
hoher Verantwortung. Deswegen empfehle ich dringend, weiterhin auch
bei der Maskenpflicht zu bleiben.» Der Co-Vorsitzende Norbert
Walter-Borjans betonte am Sonntagabend auf «Bild live», «dass das
Maskentragen in Geschäften eine Zumutung ist, aber eine zumutbare
Zumutung».

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnte zur Vorsicht. «Ich
verstehe die Ungeduld und den Wunsch nach Normalität. Aber das Virus
ist noch da. Wo in geschlossenen Räumen der nötige Abstand nicht
immer gesichert ist, bleibt die Alltagsmaske geboten», schrieb der
CDU-Politiker am Sonntagabend auf Twitter.

Nur der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla forderte, die Maskenpflicht
endlich abzuschaffen. «Die Wirkung von Mund-Nasen-Masken ist nicht
nur medizinisch umstritten, die Masken sind auch eine zunehmende
Gefahr für den lokalen Einzelhandel», argumentierte er am Montag. Er
könne es gut nachvollziehen, dass viele Bürger mit Maske ungern ihre
Einkäufe erledigten. Die Umsätze würden dann im Internet generiert.

Ein Sprecher des Handelsverbandes HDE stützte diese Argumentation.
«Wir stellen fest, dass Masken die Shoppinglust der Kunden hemmen»,
sagte er der «Rheinischen Post» (Dienstag). Die Entscheidung, ob die
Maskenpflicht bestehen bleibe oder nicht, müssten aber Politiker und
Mediziner treffen und nicht der Handel.

Viele Bundesländer lehnen eine Abschaffung ab. «Das Tragen einer
Alltagsmaske hilft die Ansteckungsgefahr zu verringern», teilte
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz mit. «Masken sind also
ein eher geringer Aufwand mit großer Wirkung und - in Verbindung mit
Kontaktbeschränkungen und hohen Hygienestandards - ein wichtiges,
auch wissenschaftlich belegtes Mittel im Kampf gegen das Virus.» Eine
Sprecherin der Regierung in Baden-Württemberg erklärte ebenfalls:
«Die Maskenpflicht bleibt ein zentraler Bestandteil unserer
Strategie.»

Gleiches verkündeten Hessen und Berlin. «Für Berlin spielt die
Abschaffung der Pflicht zum Mund-Nasenschutz im Einzelhandel zum
jetzigen Zeitpunkt keine Rolle», teilte die Senatskanzlei am Montag
mit. «Gerade jetzt, wo immer mehr gelockert wurde, sind die Abstands-
und Hygieneregeln sowie der Mund-Nasenschutz umso wichtiger, um die
Verbreitung des Virus zu verhindern.» Am Sonntag hatten bereits die
Länder Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein ein zeitnahes Ende
der Pflicht zum Mund-Nasen-Schutz in Geschäften abgelehnt.

Der Rostocker Infektiologe Emil Reisinger stützte diese Position.
«Die Gefahr einer zweiten Welle ist noch nicht gebannt. Ich hoffe,
dass wir da herumkommen, aber wir müssen vorsichtig sein», sagte
Reisinger am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Maskenpflicht
sei ein Ausdruck dieser Vorsichtsmaßnahmen.