Günther: Corona-Hilfen angemessen - Rechnungshof mahnt

Immer höher wächst der Schuldenberg im Norden - wegen der
Corona-Hilfen. Vom Rechnungshof kommen mahnende Worte. Der
Ministerpräsident hält die Ausgaben für angemessen. Doch das Ende der

Fahnenstange ist nicht erreicht.

Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins Landesrechnungshof hat im
Zusammenhang mit den großen Corona-Hilfsprogrammen Ausgabendisziplin
angemahnt. «Derzeit schnüren Bund und Länder milliardenschwere
Hilfspakete, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise
abzumildern», sagte Rechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer der
Deutschen Presse-Agentur. «Dies geschieht überwiegend
kreditfinanziert und birgt die Gefahr, dass auch nicht krisenbedingte
Ausgaben finanziert werden.»

Schleswig-Holstein hat für coronabedingte Mehrausgaben bisher
Schulden in Höhe von einer Milliarde Euro gemacht. «Das entspricht
pro Kopf 335 Euro», sagte Schäfer. Im Ländervergleich liege das Land

bei den Corona-Schulden derzeit im Mittelfeld. «Aber das ist nur eine
Momentaufnahme», sagte Schäfer. «Denn Schleswig-Holstein hat seine
Steuerausfälle noch nicht eingepreist.» Laut Mai-Steuerschätzung
fehlten allein 2020 rund 1,2 Milliarden Euro Einnahmen und in dieser
Höhe plane die Landesregierung auch neue Kredite. «Bis 2024 drohen
weitere Ausfälle von durchschnittlich 380 Millionen Euro pro Jahr,
dann wird es ohne neue Ausgabendisziplin nicht mehr gehen», sagte
Schäfer.

Aus Sicht von Ministerpräsident Daniel Günther hat das Land für
Corona-Hilfen nicht zu viel neue Schulden gemacht. «Das ist den
Herausforderungen gegenüber angemessen, sagte der CDU-Politiker der
dpa. «Wir haben da eine solide Position und gehören nicht zu denen,
die richtig viel Geld rausgehauen haben.»

Zum Stand Mitte Mai summierten sich die Hilfsprogramme aller Länder
auf 85,9 Milliarden, wie aus einer Übersicht der Rechnungshöfe
hervorgeht. Schleswig-Holstein steht im Mittelfeld, absolut und
gemessen am Haushaltsvolumen.

Klarer Spitzenreiter war Bayern mit 40 Milliarden Euro (66,9 Prozent
des Haushaltsvolumens), gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 25
Milliarden (31,3 Prozent). Wie Schleswig-Holstein hat auch Hamburg
nach der Mai-Übersicht eine Milliarde Euro mobilisiert, das kleine
Bremen 1,2 Milliarden. Der Anteil am Haushaltsvolumen ist bei sieben
Ländern höher als in Schleswig-Holstein (7,7 Prozent) und in acht
Ländern niedriger.

«Wir sind ja ein Bundesland, das nicht über exorbitant hohe
Finanzmittel verfügt», sagte Regierungschef Günther. «Von daher fin
de
ich es richtig, dass wir immer den Blick darauf gelegt haben, bei den
Förderprogrammen nicht nur auf eine hohe Zahl zu setzen, sondern auch
darauf, dass alles zielgerichtet ist», erläuterte er. «Nach meiner
Einschätzung sind wir sehr verantwortungsbewusst damit umgegangen.»

Allerdings ist das Ende der Fahnenstange längst nicht erreicht.
Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hat bereits angekündigt, dass
über die beschlossenen eine Milliarde Euro weitere neue Schulden von
mehreren hundert Millionen Euro zur Bewältigung der Krise nötig sein
werden.

Allein 170 Millionen Euro will das Land einsetzen, um den Kommunen
Ausfälle bei der Gewerbesteuer zu erstatten. Darüber hinaus rechnet
es mit weiteren Einnahmeausfällen. Mehr absehbare Klarheit über die
Ausmaße einer weiteren Neuverschuldung wird von einer
Sonder-Steuerschätzung im September erwartet. Im Herbst will die
Regierung den Landtag um Zustimmung zu einer weiteren Kreditaufnahme
als Folge einer außergewöhnlichen Notsituation bitten. Dafür wird
eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt, also auch Zustimmung aus der
Opposition.

Zum 31. Dezember 2019 hatte der Schuldenstand des Landes im
sogenannten Kernhaushalt laut Finanzministerium nicht ganz 29,1
Milliarden Euro betragen. Dazu kommen noch Schulden im Zusammenhang
mit der ehemaligen HSH Nordbank von etwa 1,8 Milliarden, so dass sich
mit dem Corona-Notkredit von einer Milliarde der Schuldenberg auf
nahezu 32 Milliarden Euro erhöht hat.