E-Patientenakte kommt voran - Kritik beim Datenschutz Von Sascha Meyer, dpa

Röntgenbilder, Befunde, Impfungen: Wichtige Daten für den nächsten
Praxisbesuch sollen Patienten bald auch digital parat haben können.
Weitere Details sind nun besiegelt - manche stoßen aber auf Protest.

Berlin (dpa) - Gesundheitsinformationen auf dem Smartphone? Das
wollten mehr als 14 Millionen Bundesbürger gerade zumindest probieren
und haben die Corona-Warn-App heruntergeladen. Die Digitalisierung
des Gesundheitswesens soll aber auch ganz grundlegend vorankommen.
Und beim zentralen Vorhaben von Minister Jens Spahn (CDU) bleibt
nicht mehr viel Zeit: Ab 1. Januar 2021 soll eine elektronische
Patientenakte (ePA) als freiwilliges Angebot für alle Versicherten
starten. Das steht so schon fest. Der Bundestag hat am Freitag nun
auch Regeln zu den Funktionen beschlossen. Dass die beim sensiblen
Datenschutz teils erst später greifen sollen, stößt aber auf Kritik.


Spahn sagte, die E-Akte werde nicht sofort in allen Anwendungen
perfekt sein. Man müsse aber «mal anfangen» und dafür sorgen, dass

die Digitalisierung im Gesundheitswesen ankomme. «Es gibt dann
Akzeptanz und Zustimmung, wenn es im Alltag die Dinge leichter
macht.» Mehr Tempo soll nach jahrelangem Gezerre um mehr Funktionen
für die elektronische Gesundheitskarte ausdrücklich her. Denn schon
der Aufbau einer geschützten Datenautobahn des Gesundheitswesens mit
Auf- und Abfahrten zu Praxen und Kliniken kam lange nur mühsam voran.

Das Gesetz schreibt nun den Anspruch für Patienten fest, dass E-Akten
auch mit Inhalten gefüllt werden - und schrittweise mehr und mehr
Funktionen bekommen. Neben Befunden, Arztbriefen und Röntgenbildern
sollen so ab 2022 auch der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe
Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonusheft gespeichert
werden können. Dann sollen Versicherte bei einem Krankenkassenwechsel
auch ihre digitalen Daten mitnehmen können. In Kraft treten soll das
Gesetz voraussichtlich im Herbst, der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Beim Datenschutz gilt: Die Versicherten entscheiden, was in ihrer
E-Akte gespeichert wird und was sie wieder löschen wollen. Und sie
bestimmen, wer auf Daten zugreifen darf - allerdings trotz Kritik von
Datenschützern noch nicht sofort zum Start in einer verfeinerten
Variante. Erst ab 1. Januar 2022 ist die Möglichkeit vorgesehen, auch
für jedes Dokument einzeln festzulegen, welcher Arzt es sehen kann.
Dann soll es möglich sein, dass ein Mediziner zwar generell auf die
ePA zugreifen darf, aber bestimmte Befunde nicht angezeigt bekommt.

Dass Patienten im ersten Jahr nur alle oder gar keine Daten freigeben
können, bringt die Opposition auf die Barrikaden. Linke-Experte Achim
Kessler warnte, die «unausgereifte» E-Akte gefährde die Akzeptanz des

ganzen Projekts. «Wozu braucht ein Orthopäde Informationen über einen

Schwangerschaftsabbruch? Wozu eine Augenärztin Informationen über
eine Psychotherapie?» Überhaupt sei die ePA vorerst eine «ungeordnete

Sammlung elektronischer Dokumente». Auch Christine Aschenberg-Dugnus
(FDP) monierte das vorläufige «Alles oder nichts» bei Datenfreigaben.


Spahn warb um Vertrauen in einen Datenschutz «auf höchstem Niveau».
Die Daten kämen auf deutsche Server. Und solche Angebote sollten eben
nicht nur Internetkonzerne wie Apple oder Google machen. Für den
Schutz verarbeiteter Daten soll laut Gesetz jeder Beteiligte vom Arzt
über Kliniken bis zu Apotheken direkt verantwortlich sein. Betreiber
innerhalb der Datenautobahn müssen Störungen und Sicherheitsmängel
sofort melden - bei Versäumnissen drohen bis zu 300 000 Euro Bußgeld.
Versicherte sollen ab 2023 einwilligen können, Daten verschlüsselt
der medizinischen Forschung bereitzustellen.

Um die Mediziner zum Mitziehen bei der E-Akte zu ermuntern, sollen
Anreize kommen: Wenn Ärzte und Kliniken sie erstmals mit Dokumenten
füllen, bekommen sie zehn Euro. Geplant ist auch eine App, mit der
man sich E-Rezepte aufs Smartphone laden und in Apotheken einlösen
kann. Alternativ möglich sein soll ein gedruckter Strichcode auf
Papier. Das Rezept geht dann trotzdem digital an die Apotheke. Auch
Überweisungen zum Facharzt sollen elektronisch übermittelbar werden.