Mehr Sachsen-Anhalter gehen zum Psychotherapeuten

Angststörungen und Depressionen treiben immer mehr Menschen im Land
zu Psychotherapeuten. Reformen haben dafür gesorgt, dass die
Wartezeiten auf einen ersten Kontakt geschrumpft sind. Der Weg zur
Therapie kann dennoch lang sein - was tun?

Magdeburg (dpa/sa) - Immer mehr Sachsen-Anhalterinnen und
Sachsen-Anhalter nehmen psychotherapeutische Hilfe in Anspruch -
allerdings gibt es hierzulande vergleichsweise wenige Therapeuten.
Zwischen den Jahren 2009 und 2018 sei die Zahl der Patienten von 32
700 auf 59 000 gestiegen und damit um gut 80 Prozent, teilte die
Barmer am Donnerstag in Magdeburg mit. Die Zahlen basierten auf den
Abrechnungsdaten der Barmer-Versicherten und seien standardisiert.
Den Angaben zufolge sind 14 Prozent der im Land gesetzlich
Versicherten über die Krankenkasse abgesichert.

Sachsen-Anhalt sei zu Wende-Zeiten von einem sehr niedrigen Niveau
gestartet, zunehmend mehr Menschen gingen inzwischen zum Therapeuten,
sagte der Präsident der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer, Gregor
Peikert. Etwa 80 Prozent der Patientinnen und Patienten kämen mit
Depressionen oder Angststörungen.

In Sachsen-Anhalt kommen laut der Barmer 22 Psychotherapeuten auf 100
000 Einwohner. Das sei der niedrigste Wert in ganz Deutschland, in
dicht besiedelten Regionen wie Berlin oder Hamburg seien es zum Teil
mehr als 70 Therapeuten je 100 000 Einwohner. Dennoch gibt es
hierzulande eine wachsende Zahl von Psychotherapeuten, 2009 gab es
den Angaben zufolge nur 14 dieser Experten. Der aktuellen Planung
zufolge können in Sachsen-Anhalt ab Juli 67 zusätzliche Sitze für
Therapeuten vergeben werden. Die regionale Verteilung sei sehr
unterschiedlich.

Die Wartezeiten hätten sich in den vergangenen Jahren deutlich
verkürzt, erklärte Peikert weiter. Ein großer Teil der Patienten
erhalte binnen vier Wochen einen ersten Kontakt. Vor zehn Jahren habe
die Wartezeit noch bei über 20 Wochen gelegen. Zur Entwicklung
beigetragen habe die Einführung der psychotherapeutischen
Sprechstunde mit einer Reform im Jahr 2017. Aus der Sprechstunde
gingen die Patienten mit einer Diagnose und einer Beratung zum
weiteren Vorgehen.

Der Weg bis zur tatsächlichen Therapie kann aber deutlich länger
dauern. Die Barmer macht daher den Vorschlag, mehr Gruppentherapien
anzubieten. Bislang würden 94 Prozent der Behandlungen als
Einzeltherapie durchgeführt, sagte Barmer-Landesgeschäftsführer Axel

Wiedemann. Gruppentherapien, die hauptsächlich in Kliniken angeboten
würden, könnten im ambulanten Bereich Wartezeiten verkürzen und zur
weiteren Normalität beitragen, sagte Wiedemann.

Aus Sicht der Psychotherapeuten wäre das möglich, sagte
Kammerpräsident Peikert. Man sei dabei, Praxen zu vernetzen, damit
sie sich abstimmen könnten, wer welche Therapiegruppen anbieten
könne. Es müsse eine gewisse Homogenität geben mit Blick auf die
Probleme der Teilnehmenden und deren Motivation, mitzumachen. Peikert
wies auch darauf hin, dass weniger als ein Viertel der
niedergelassenen Therapeuten über die notwendige Gruppenzulassung
verfüge.