«NRW-Wirtschaft kämpft sich aus Krise» - Arbeitslosigkeit gestiegen

Noch hat die Corona-Krise große Teile der NRW-Wirtschaft fest im
Griff. Doch es gibt Anzeichen für eine Besserung der Lage. Die
Erholung könnte auch schneller kommen als anderswo in Deutschland.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Für die von der Corona-Krise schwer
gebeutelten Unternehmen und Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen gibt
es erste positive Signale. Das Forschungsinstitut RWI erwartet, dass
sich die NRW-Wirtschaft etwas schneller belebt als im übrigen
Bundesgebiet. Bis zum Herbst 2021 könne sich die NRW-Wirtschaft von
dem Einbruch erholt haben. Noch in diesem Jahr ist nach Einschätzung
der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bei der
Beschäftigung eine Wende zum Besseren möglich. Voraussetzung für die

positiven Erwartungen ist nach Angaben der Experten aber, dass es in
Deutschland nicht zu einem anhaltenden Wiederanstieg der
Infektionsraten kommt.

Noch hat die Corona-Krise die Zahl der Arbeitslosen in NRW aber
weiter ansteigen lassen. Insgesamt waren im Juni in NRW knapp 771 000
Menschen arbeitslos gemeldet, wie die Regionaldirektion am Mittwoch
mitteilte. Das waren knapp 14 000 Personen mehr als im Mai und sogar
gut 137 000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote stieg
damit um 0,2 Prozentpunkte auf 7,9 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit
lag die Arbeitslosenquote im Juni bei 6,2 Prozent.

Der Vorsitzende der Regionaldirektion NRW, Torsten Withake, sieht
schon jetzt einige positive Trends. So sei der Anstieg der
Arbeitslosigkeit im Juni schon deutlich geringer ausgefallen als in
den stärker vom Lockdown geprägten Monaten April und Mai. Außerdem
sei die Zahl der Menschen, die eine neue Arbeit aufnehmen konnten, im
Vergleich zu den beiden Vormonaten wieder deutlich gestiegen. «Es ist
wieder Belebung in den Arbeitsmarkt gekommen», betonte Withake.

Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung erwartet, dass die
Wirtschaftsleistung in NRW im gesamten Jahr 2020 um 5,5 Prozent
sinkt. Für ganz Deutschland rechnen die Forscher mit einem Rückgang
des Bruttoinlandsprodukts von 5,8 Prozent. «Die Wirtschaft in
Nordrhein-Westfalen kämpft sich langsam aus der Krise», kommentierte
Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) die von ihm am Mittwoch
vorgestellten Zahlen.

Seit dem Tiefpunkt vom April beginne sich die Stimmung aufzuhellen.
Die vom Land zur Stützung der Konjunktur bereitgestellten fünf
Milliarden Euro könnten zusätzliches Wachstum schaffen, so dass der
Rückgang der Wirtschaftsleistung in NRW auf fünf Prozent begrenzt
werden könne, sagte Pinkwart.

Die konjunkturelle Belebung dürfte nach RWI-Einschätzung insbesondere
vom privaten Konsum getragen werden. Die Ausweitung des
Kurzarbeitergeldes stabilisiere die Einkommen. Zudem hätten die
privaten Haushalte während der Schließung der Läden unfreiwillig Ge
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zurückgehalten. Viele Menschen dürften jetzt Anschaffungen und
Ausgaben für Dienstleistungen nachholen, erwarten die Forscher. Sie
begründen ihre Einschätzung unter anderem mit der relativ geringen
Bedeutung der Autoindustrie für NRW. Deren Probleme schlügen nicht so

stark durch, so dass die Erholung im Land schneller komme als in
anderen Regionen Deutschlands.

Noch sei die Stimmung unter den NRW-Unternehmen aber «äußert
angespannt», sagte der Präsident der Industrie- und Handelskammern
NRW, Thomas Meyer. Trotz der Corona-Lockerungen und der
Unterstützungsmaßnahmen aus der Politik sei keine schnelle Erholung
in Sicht. Bei einer IHK-Umfrage unter 1500 NRW-Unternehmen hätten 40
Prozent der Befragten angegeben, dass ihnen die Rückkehr zur
Normalität erst im nächsten Jahr gelingen könne.

Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) bewerte seine
Geschäftslage als schlecht, nur 14 Prozent hätten gute Geschäfte
gemeldet. Über 40 Prozent der Befragten rechneten für 2020 mit einem
Umsatzrückgang von mehr als 25 Prozent, fast jedes fünfte Unternehmen
fürchtet sogar einen Umsatzrückgang von über 50 Prozent.