Bordell ja, «Bohème» nein - Dirigenten kritisieren Corona-Regelungen

Berlin/Dresden (dpa) - Chefdirigenten und Generalmusikdirektoren aus
ganz Deutschland drängen auf eine baldige Öffnung der Konzert- und
Opernhäuser. Trotz der vorliegenden Konzepte zum Schutz gegen die
Corona-Pandemie werde weiterhin eine wirtschaftlich sinnvolle
Belegung der Säle verweigert, wie sie in Nachbarländern praktiziert
werde, erklärte die GMD- und Chefdirigent*innenkonferenz am Dienstag.
Die verschiedenen Standards für Wirtschaft und Kultur seien nicht
mehr tragbar.

«Ein täglicher Schlag ins Gesicht aller Kulturschaffenden» sei der
Blick in die Corona-Verordnungslage: «Volle Flüge und Züge ja,
Friseurbesuche ohne Abstand ja, volle Strände ja, am Ende gar
Wiederaufnahme des Bordellbetriebs, volle Theater und Konzertsäle auf
und vor der Bühne nein», hieß es in der Erklärung unter der
Überschrift «Bordell ja, Bohème nein?». Derzeit sind Bordelle in de
n
Bundesländern auf staatliche Anordnung noch geschlossen - ebenso wie
Diskotheken.

Die Kultur leide unter der Bürokratie, in Wirtschaft bestimme dagegen
häufig die jeweilige Lobby, erklärten die Dirigenten. Die Existenz
vieler freischaffender Künstler liege in Scherben. Viel zu viele
Soloselbständige seien auf Arbeitslosengeld angewiesen. Vielerorts
werde die Krise genutzt, um Vertragsbedingungen für Gastkünstler zu
verschlechtern. Absurd sei der Zwang vieler Theater und Orchester,
lieber Kurzarbeit zu beantragen als zu spielen. Das Spielen müsse
Vorrang haben, erklärten die Vereinigung, der 65 Dirigenten und
Dirigentinnen aus den Bundesländern angehören.

Konzert- und Opernhäuser hatten in den vergangenen Wochen
angekündigt, in der kommenden Spielzeit mit einem reduzierten
Platzangebot zu starten, um die Abstands- und Hygieneregeln zu
bewahren.