Debatte um Corona-Massentests: Berlin dafür, NRW skeptisch

Die bayerische Landesregierung hat Corona-Tests für alle beschlossen.
Ministerpräsident Söder sieht sein Land in einer Vorreiterrolle. Doch
nicht alle Bundesländer wollen den bayerischen Weg mitgehen.

Berlin (dpa) - Die flächendeckende Corona-Tests nach dem Vorbild
Bayerns bleiben umstritten. Während Berlins Regierender Bürgermeister
Michael Müller (SPD) zumindest mittelfristig den «bayerischen Weg»
einschlagen möchte, zeigt sich NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU)
skeptisch. «Wir machen, was wir für Nordrhein-Westfalen richtig
halten», sagte der Ministerpräsident am Dienstag in Düsseldorf. «Mi
r
ist vor allem wichtig, dass wir es da, wo es brennt, verpflichtend
machen», sagte Laschet unter Verweis auf die besonders betroffene
Fleischindustrie.

Die bayerische Staatsregierung beschloss unterdessen die kostenlosen
Corona-Tests für die gesamte Bevölkerung. Der Freistaat übernimmt die

Kosten in all den Fällen, in denen nicht ohnehin die Krankenkassen in
der Pflicht sind. Man stelle dafür aufs Jahr gerechnet 200 Millionen
Euro bereit, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sein
Land als Vorreiter sieht: «Ich glaube schon, dass das eine Wirkung
hat weit über Bayern hinaus», sagte er der «Augsburger Allgemeinen»

(Dienstag).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte das Vorhaben massiv
kritisiert und vor einem trügerischen Sicherheitsgefühl gewarnt. Der
Berliner Regierungschef Müller zeigte sich hingegen offen: «Es geht.
Und ich glaube, wir werden auch sehr bald diesen bayerischen Weg
einschlagen», sagte er am Montagabend im Fernsehsender n-tv. «Wenn
ein Bundesland anfängt und andere Bundesländer so wie wir eine
Teststrategie haben, dann wird das eine Welle. Und die Tests werden
günstiger, sie werden einfacher, es wird dann sowieso für viele
Menschen ganz unproblematisch sein, sich testen lassen zu können.»

Die Tests in Bayern sind indes in erster Linie nur für die im
Freistaat gemeldeten Einwohner gedacht. Es sei nicht gewollt, dass
nun «sämtliche Bundesbürger nach Bayern reisen und sich hier testen
lassen», sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) nach der
Kabinettssitzung in München. Ausnahmen seien sicher denkbar, etwa
wenn sich jemand aus beruflichen Gründen viel in Bayern aufhalte oder
hier trotz Wohnortes in einem anderen Bundesland schon lange einen
Arzt habe. Das neue Testkonzept greift im Freistaat ab 1. Juli.

Angesichts sinkender Infektionszahlen wurden vielerorts weitere
Lockerungen beschlossen: Bei Kulturveranstaltungen in Bayern soll die
Maskenpflicht fallen. In Hamburg sind ab Mittwoch unter Auflagen
wieder Veranstaltungen mit bis zu 1000 Teilnehmern im Freien und 650
Teilnehmern in geschlossenen Räumen zulässig. In Hessen sollen die
Schulen nach den Sommerferien zum gemeinsamen Präsenzunterricht
zurückkehren. Das Abstandsgebot wegen der Corona-Pandemie gelte dann
nicht mehr im Unterricht, kündigte der hessische Kultusminister
Alexander Lorz (CDU) in Wiesbaden an. In Sachsen-Anhalt läuft zum
Donnerstag das Kontaktverbot aus. Es wird laut Gesundheitsministerin
Petra Grimm-Benne (SPD) durch eine Empfehlung ersetzt, sich mit nicht
mehr als zehn Personen aufzuhalten.

In Nordrhein-Westfalen werden Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen
und Abstandsgebote nach Laschets Einschätzung auch über den 15. Juli
hinaus Bestand haben. Erst am Vortag hatte die Landesregierung in
Düsseldorf die Maßnahmen um zwei weitere Wochen verlängert. Darüber

hinaus sprach sich Laschet gegen Straßenfeiern zum traditionellen
Karnevalsauftakt am 11.11. aus: «Draußen, Straßenkarneval,
Infektionsübertragungszeit, Alkohol, Enge - das passt nicht in diese
Zeit.»