Corona-Pandemie: Neuinfektionen in den USA erreichen neue Höchstwerte Von Lena Klimkeit und Christina Horsten, dpa

Das Leben in den USA kommt gerade langsam in Gang, da droht die
Situation wieder zu kippen. In einigen Bundesstaaten steigen die
Fallzahlen dramatisch, andere suchen da nach Abgrenzungsmaßnahmen.
Trump würde die Corona-Pandemie am liebsten für beendet erklären.

Washington (dpa) - Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu: Nach einer Phase

der Entspannung breitet sich das Coronavirus in den USA wieder in
alarmierendem Maße aus. Das Land verzeichnete am Dienstag mit rund
34 700 neuen Infektionen einen weiteren Höchststand, wie am Mittwoch
aus Daten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hervorging. Es
war der höchste Stand seit Ende April und der dritthöchste Tageswert
seit Beginn der Pandemie. Zum Vergleich: Am 1. Juni lag der Tageswert
bei rund 17 400 Neuinfektionen. Die bisher höchste Zahl (36 400)
wurde am 24. April verzeichnet.

Die einzelnen Bundesstaaten standen dabei ganz unterschiedlich
da: Florida (rund 5500), Texas (rund 5500), Arizona (rund 3600) und
Kalifornien (rund 7100) vermeldeten beispielsweise neue tägliche
Höchststände. Greg Abbott, Gouverneur von Texas, sprach am Mittwoch
im Lokalsender KFDA-TV von einem «massiven Ausbruch» in
seinem Bundesstaat. Der führende US-Immunologe Anthony Fauci
bezeichnete die Entwicklung mit Blick auf Florida, Texas und Arizona
unlängst als «beunruhigend».

Auch in South Carolina, Oklahoma oder Nevada liegt das Niveau der
täglichen Neuinfektionen deutlich höher als zu früheren Zeitpunkten
in der Pandemie. In einigen anderen Bundesstaaten blieb das
Infektionsgeschehen dagegen auf etwa dem gleichen Stand, in anderen
nahm es sogar ab. Im früheren Epizentrum New York starben nach
Angaben von Gouverneur Andrew Cuomo am Dienstag 17 Menschen nach
einer Infektion mit dem Virus, noch vor einigen Wochen waren es bis
zu 800 pro Tag gewesen.

New York und einige andere Bundesstaaten hatten in der Pandemie
strenge Beschränkungen auferlegt und lockern diese derzeit nur
langsam. Andere Bundesstaaten - darunter die stark betroffenen
Florida und Arizona - hatten dagegen ihre weniger strengen
Beschränkungen rasch wieder gelockert.

New York, New Jersey und Connecticut verhängten am Mittwoch eine
zweiwöchige Quarantäne für all diejenigen, die aus Bundesstaaten mit

stärkerem Infektionsgeschehen einreisen. Der für November geplante
legendäre New York Marathon wurde unterdessen abgesagt. Das
Großereignis - der mit Zehntausenden Teilnehmern nach eigenen Angaben
größte Marathon der Welt - finde in diesem Jahr nicht statt, teilten
die Veranstalter mit.

Die Belegung der Krankenhäuser in Kalifornien habe im Vergleich zu
vor zwei Wochen um fast 30 Prozent zugenommen, sagte Gouverneur Gavin
Newsom am Mittwoch. Er rief die knapp 40 Millionen Einwohner auf,
wenn möglich Zuhause zu bleiben, Abstand zu halten und Masken zu
tragen. Die Intensivbetten der Krankenhäuser in der texanischen
Metropole Houston seien inzwischen zu 97 Prozent gefüllt, sagte
Bürgermeister Sylvester Turner laut «New York Times». Rund ein
Viertel dieser Patienten sei mit dem Coronavirus infiziert. «Ich habe
das starke Gefühl, dass wir uns in die falsche Richtung bewegen - und
wir bewegen uns schnell.»

Die USA führen mittlerweile deutlich mehr Tests durch als noch vor
wenigen Monaten, was US-Präsident Donald Trump wiederholt als
Erklärung für die hohen Fallzahlen angeführt hat. «Wenn wir mehr
testen, finden wir mehr Fälle», hatte er erst am Dienstag gesagt.
«Testen ist ein zweischneidiges Schwert.» Die USA hätten 27,5
Millionen Tests durchgeführt, mehr als jedes andere Land. Was Trump
nicht erwähnte, ist der vielerorts verzeichnete Anstieg an
Krankenhauseinweisungen - ein Indikator dafür, dass sich die Lage
wieder zuspitzt.

Unterdessen berichtete der US-Sender NBC News, dass die Regierung
in Washington plane, Bundesmittel für 13 Teststandorte bis Ende Juni

einzustellen. Betroffen seien sieben Teststandorte in Texas. Dies
bedeute kein Ende der Unterstützung der Regierung, Washington wolle
aber auf andere Weise in Hinblick auf die Tests helfen, berichtete
der Sender unter Berufung auf das US-Gesundheitsministerium. Die
Pläne bedeuteten auch nicht, dass weniger getestet werden soll, ganz
im Gegenteil.

Ungeachtet der Entwicklung in Arizona war Trump dort am Dienstag vor
Publikum aufgetreten. In dem geschlossenen Raum trugen seine Anhänger
größtenteils keine Masken und saßen dicht an dicht. Trump wird von
seinen Gegnern immer wieder vorgeworfen, die Tragweite des Virus
herunterzuspielen. Wenige Monate vor der US-Wahl im November liegt
sein Augenmerk darauf, die Wirtschaft des Landes wieder zum Laufen zu
bringen.

Trumps Vorgänger Barack Obama hatte den Umgang des Republikaners mit
der Corona-Krise in den USA am Dienstag kritisiert. «Anders als unser
derzeitiger Präsident erkennen wir an, dass es eine Gesundheitskrise
gibt», sagte Obama bei einem gemeinsamen Wahlkampfevent mit dem
designierten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Joe Biden,
nach Angaben von anwesenden Journalisten. Man müsse den Rat von
Gesundheitsexperten wie Fauci beachten, auch mit Blick auf den
Wahlkampf, mahnte er.

Die USA haben mit mehr als 2,3 Millionen bekannten Corona-Infektionen
mehr nachgewiesene Fälle als jedes andere Land der Welt. Mehr als
121 000 Menschen starben infolge einer Covid-19-Erkrankung.