Grüne fordern 250-Euro-Einkaufsgutschein: Handel unterstützen

In der Krise laufe vor allem der Online-Handel, das komme besonders
großen Anbietern wie Amazon zugute, so Grünen-Abgeordnete. Sie wollen
die Nachfrage bei lokalen Händlern ankurbeln.

Berlin (dpa) - Zur Unterstützung des Einzelhandels in der
Corona-Krise fordern Grünen-Politiker einen «Kauf-vor-Ort-Gutschein»

für jeden Bürger in Höhe von 250 Euro. Der Gutschein solle nur im
stationären Handel, für stationäre Dienstleistungen oder in der
Gastronomie eingelöst werden können, geht aus einem am Samstag
vorgestellten Positionspapier von Grünen-Bundestagsabgeordneten
hervor. Zuvor hatte der «Spiegel» darüber berichtet. Der Gutschein
solle nur in Geschäften eingelöst werden können, die vom Shutdown
betroffen waren - also nicht im Lebensmittelhandel und bei Drogerien.

Sobald die gesundheitspolitische Lage es zulasse, sei ein
zielgerichtetes Instrument nötig, um die Nachfrage im lokalen Handel
anzukurbeln, heißt es in dem Papier. Es stammt von Fraktionschef
Anton Hofreiter sowie den Abgeordneten Katharina Dröge, Oliver
Krischer, Claudia Müller und Daniela Wagner. Der Gutschein solle ein
Jahr gültig sein und nicht im Online-Handel verwendet werden dürfen.

In der Corona-Krise waren die meisten Läden wochenlang geschlossen,
inzwischen dürfen kleine und mittelgroße Geschäfte aber wieder
öffnen, genau so wie Buchhandlungen oder Autohändler. Die Idee eines
Gutscheins ist nicht neu, auch Ökonomen hatten sich dafür
ausgesprochen, genau so wie etwa die Textil- und Modeindustrie.

«Gerade beim lokalen Einzelhandel droht eine Pleitewelle. Eine
Verödung der Innenstädte ist zu befürchten», mahnte Hofreiter. «W
enn
wir nicht handeln, bleiben nur die Starken, nur die großen
Online-Ketten übrig.» Die Gutscheine seien zielgenau und sozial
gerecht - während eine Senkung der Einkommenssteuer Wohlhabende
bevorzuge und denen nichts bringe, die ihren Job verloren hätten.

Der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef
Sanktjohanser, sagte dazu, es dürfe keine einseitige Unterstützung
nur für ausgesuchte Wirtschaftszweige geben. Wenn etwa für die
Autoindustrie nun über Abwrackprämien diskutiert werde, «dann muss
logischerweise auch über Konsumgutscheine zur Ankurbelung des Konsums
nachgedacht werden». Ob bei direkten Hilfen, Rettungsschirmen oder
bei Stundung von Sozialleistungen - es müsse stets das Ganze im Auge
behalten werden, sagte er der «Welt».

Die Bundesregierung hatte Konjunkturmaßnahmen angekündigt, um bei
weiteren Lockerungen der Beschränkungen die Nachfrage anzukurbeln.
Viele Betriebe sind schwer belastet. Im Gespräch ist etwa ein
Vorziehen der milliardenschwere Soli-Teilabschaffung auf den Sommer.

«Im Gegensatz zu Steuersenkungen, wie einer Abschaffung des
Solidaritätsbeitrags, ist der Kauf-vor-Ort-Gutschein effektiver,
zielgerichtet und sozial gerechter», heißt es in dem Papier der
Grünen. Außer Gutscheinen schlagen die Grünen etwa einen Fonds in
Höhe von 500 Millionen Euro vor, um die Infrastruktur von Ortskernen
und Stadtzentren zu verbessern. Auch wenn staatliche Hilfen einen
Teil der Schäden abfedern könnten, sei die Lage für den Einzelhandel,

die Gastronomie, Friseure und andere Dienstleister prekär. «Wenn
jetzt nicht politisch gegengesteuert wird, droht eine Verödung von
Innenstädten und ein Aussterben von Dorfkernen.»

Zwar hätten einige lokale Händler über Online-Plattformen die
negativen Auswirkungen der Krise etwas abfedern können, das Gros des
Nachfrageanstiegs im Onlinehandel komme aber den großen Plattformen
wie Amazon zugute. Der E-Commerce-Riese dürfte durch die Coronakrise
seinen Marktanteil weiter steigern und kleinere Händler in den
Innenstädten verdrängen, wenn diese keine Unterstützung erhielten.