Sorge vor Arznei-Engpass: EU-Kommission lockert Kartellregeln

Brüssel (dpa) - In der Corona-Krise befürchtet die EU-Kommission
zunehmende Engpässe bei wichtigen Arzneimitteln. Mit dieser
Begründung lockerte die Brüsseler Behörde am Mittwoch vorübergehend

die Kartellregeln und erlaubte eine engere Zusammenarbeit von
Pharmakonzernen zur Deckung des Bedarfs. Es gelte, die Versorgung der
Krankenhäuser mit Arzneimitteln für Coronavirus-Patienten zu sichern,
erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Dazu dürfen sich die Hersteller stärker abstimmen, als es nach
Wettbewerbsregeln üblicherweise zulässig wäre, zum Beispiel bei der
Umstellung der Produktion, der Lagerhaltung, im Vertrieb. So soll
auch verhindert werden, dass sich Firmen auf einzelne Medikamente
konzentrieren, während es an anderen Arzneimitteln fehlt.

Aus Sorge vor Engpässen bei wichtigen Arzneien hatte
Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bereits die Pharmaindustrie
aufgefordert, die Produktion hochzufahren. In einem Brief an
Herstellerverbände schreibt die Kommissarin von einem unmittelbar
drohenden Risiko von Engpässen bei wichtigen Arzneien für
Covid-19-Patienten.

Über den Brief hatte die «Welt» am Mittwoch berichtet, er liegt auch

der dpa vor. Aus einem Anhang zitiert das Blatt, gerade in deutschen
Kliniken könnten binnen weniger Tage wichtige Medikamente knapp
werden. Dazu zählten etwa Anästhetika und Beruhigungsmitteln wie
Fentanyl, Propofol, Ketamin, Lorazepam und Morphin. Insgesamt gehe es
um 47 in der Intensivmedizin benötigte Wirkstoffe.

Schwer an Covid-19 erkrankte Patienten, die auf Intensivstationen an
Beatmungsgeräte angeschlossen sind, benötigen dem Bericht zufolge bis
zu 50 verschiedene Medikamente, darunter Beruhigungsmittel und
Wirkstoffe, die bei der Intubation eingesetzt werden.
Ersatzwirkstoffe hätten teils Nebenwirkungen.