Gegen Kulturflaute: Opern feiern Premieren und Kultstücke im Netz Von Sabine Glaubitz und Stephan Maurer, dpa

Sie sind geschlossen und dennoch fast täglich geöffnet: Große
Opernhäuser stellen hochkarätige Produktionen kostenlos ins Netz.

Berlin (dpa) - Gefeierte Neuinszenierungen oder jahrzehntealte
Kostbarkeiten: Die Corona-Krise beschert Opernfreunden zurzeit eine
große Auswahl an Highlights - und das kostenlos. Denn wegen der
Pandemie sind die Opernhäuser weltweit geschlossen und stellen ihre
musikalischen Schätze ins Internet. Eine Auswahl.

- Der weltberühmte Künstler Georg Baselitz besorgte das Bühnenbild,
auf der Bühne drängten sich die Stars: Mit der Neuinszenierung von
Richard Wagners letzter Oper «Parsifal» wurden im Juni 2018 an der
Bayerischen Staatsoper die Münchner Opernfestspiele eröffnet. Am Pult
stand Kirill Petrenko, Jonas Kaufmann sang die Titelrolle, Christian
Gerhaher den Amfortas, René Pape den Gurnemanz und Nina Stemme die
Kundry. Als Video-on-Demand ist die Inszenierung bis zum 11. April zu
sehen.

- Der Wiener Künstler André Heller gab erst vor kurzem, im Februar
2020, sein Debüt als Opernregisseur: An der Berliner Staatsoper Unter
den Linden inszenierte er den «Rosenkavalier» von Richard Strauss.
Gefeiert wurde die Sängerriege, angeführt von Camilla Nylund als
Feldmarschallin und Günther Groissböck als Baron Ochs. Am Pult stand
der 83-jährige Zubin Mehta. Das Video ist verfügbar bis 29. Juni in
Deutschland, Österreich und der Schweiz.

- Weltstar Anna Netrebko steht in der Metropolitan Opera in New York
virtuell auf der Bühne: Als Lady Macbeth in Verdis «Macbeth» am 4.
April. An ihrer Seite waren in der Aufführung vom Oktober 2014 Zeljko
Lucic in der Titelrolle, René Pape als Banquo und Joseph Calleja als
Macduff. Es dirigierte Fabio Luisi. Außerdem im Programm der Met:
Bizets «Perlenfischer» (3. April, mit Diana Damrau) und Bellinis
«Norma» (5. April).

- Das Opernhaus Zürich präsentiert in der Karwoche, vom 5. bis 11.
April, Verdis «Messa da Requiem» in einer Koproduktion von Oper und
Ballett Zürich. Inszeniert hat 2016 der deutsche Choreograf und
Regisseur Christian Spuck, ihn interessiert «der verwundbare und
hilflose Mensch auf der Suche nach Trost», wie es in der Ankündigung
heißt. Premiere war 2016.

- Wer noch einmal den 2016 verstorbenen südafrikanischen Tenor Johan
Botha erleben will, hat bei der Wiener Staatsoper Gelegenheit: Am 9.
April ist Wagners «Parsifal» in einer Vorstellung vom April 2015 zu
sehen. Unter der musikalischen Leitung von Adam Fischer singt Botha
die Titelrolle. Bereits am 5. April zeigt das Opernhaus am Ring
«Elektra» von Richard Strauss (eine ganz aktuelle Vorstellung vom 15.
Februar 2020) mit Semyon Bychkov am Pult, Waltraud Meier als
Klytämnestra und Christine Goerke als Elektra.

- Tschaikowskis weltberühmtes Ballett «Schwanensee» zeigt die Opera
national de Paris bis zum 5. April. Die Choreografie aus dem Jahr
1984 stammt von dem unsterblichen russischen Tänzer und Choreografen
Rudolf Nurejew (1938-1993). Vom 27. April bis 3. Mai folgt «Carmen»
von Georges Bizet in einer Inszenierung von Calixto Bieito. Die von
Gewalt und Sex dominierten Versionen des katalanischen Regisseurs
sorgen oft für Aufsehen. Täglich zu sehen und hören ist «Les Indes

Galantes» von Jean-Philippe Rameau. Die barocke Ballettoper wurde von
dem französischen Jungregisseur Clément Cogitore mit Krump
aufgemischt, einem expressiven Freestyle-Tanz. Die Neuinszenierung
feierte in Paris im Herbst 2019 Premiere.

- Bis zum 19. April präsentiert die Oper La Monnaie in Brüssel die
Oper «Frankenstein» des amerikanischen Komponisten und
Sound-Designers Mark Grey in einer futuristischen Inszenierung von
Alex Ollé, einem der künstlerischen Leiter der berühmten
katalanischen Theatergruppe «La Fura dels Baus». Die Uraufführung des

Werkes, das an einen Science-Fiction-Film erinnert, fand an der
Monnaie im März 2019 statt. Ende April schließen sich die Türen für

«Macbeth Underworld», die jüngste Oper des zeitgenössischen
Komponisten Pascal Dusapin, die von dem französischen Jungstar Thomas
Jolly inszeniert wurde.

- In der DutchNational Opera in Amsterdam wurde die am 13. März
geplante Weltpremiere von «Ritratto» von Willem Jeths ins Netz
verlegt und ist seitdem dort zugänglich. Für die Oper hat sich der
niederländische Komponist von einem Frauenporträt des italienischen
Meisters Giovanni Boldini inspirieren lassen.

- Das Bolschoi Theater in Moskau taucht wegen der Corona-Pandemie
erstmals in die virtuelle Welt ab und zeigt gleich mehrere seiner
stets ausverkaufen Ballett- und Opernaufführungen. Bis zum 10. April
sind noch der «Nussknacker» in einer historischen Aufführung sowi
e
die Nationaloper «Boris Godunow» zu sehen.

- Die Silhouette des Sydney Opera House ist weltberühmt. Seit 17.
März ist das Haus geschlossen und geht nun ebenfalls digital. Am 3.
April ist Australiens jährlicher Tanzwettbewerb der Aborigines mit
mehr als 350 Künstlern zu sehen. Am 4. April erklingt Beethovens
«Neunte Sinfonie».

- Opernstars früherer Zeiten wie Dietrich Fischer-Dieskau, Josef
Greindl, James King, Christa Ludwig oder Martha Mödl sind in
Aufführungen zu sehen, die die Deutsche Oper Berlin zeigt. Im
Online-Programm sind unter anderem «Otello» und «Don Carlos» von
Giuseppe Verdi, «Fidelio» von Ludwig van Beethoven und «Don Giovanni
»
von Wolfgang Amadeus Mozart. Die Aufzeichnungen sind jeweils für 48
Stunden abrufbar.