«Zum Verzweifeln»: Bayerns Zoos rechnen mit hohen Finanzeinbußen

In den Tiergärten im Freistaat bleiben wegen der Corona-Krise die
Besucher aus. Das bringt die Einrichtungen in finanzielle Nöte und
sorgt für Verwunderung bei den Tieren.

München (dpa/lby) - Zoos und Tiergärten in Bayern sind wegen der
Corona-Krise bis zum Ende der Osterferien geschlossen und fürchten
hohe Einbußen. «Schlimmer kann es eigentlich nicht kommen», sagt
Rasem Baban, Direktor im Tierpark Hellabrunn in München. Er rechnet
mit Einbußen von zwei Millionen Euro während der fünfwöchigen
Schließung. Die Osterferien seien für Zoos der Start in die Saison
und besonders besucherstark. «Das kann man nicht aufholen», sagt er.
Und selbst den Tieren falle auf, wie leer es auf dem Gelände sei.

Der Verband der Zoologischen Gärten hat am Dienstag ein
Soforthilfe-Programm über 100 Millionen Euro für mehr als 50 Zoos in
Deutschland gefordert. In einem Brief wandte sich Verbandschef Jörg
Junhold, Zoodirektor in Leipzig, auch an Kanzlerin Angela Merkel
(CDU) und wies auf die Notwendigkeit sofortiger Unterstützung hin.
Zoos arbeiteten derzeit ohne Einnahmen, aber mit gleichbleibend hohen
Ausgaben weiter, argumentierte Junold. In Bayern gibt es vier Zoos -
in München, Nürnberg, Augsburg und Straubing.

Tiergärten seien an Ostern ein Top-Ausflugsziel, sagt Baban. «Es ist
Frühling, alles sprießt, und die ersten Tiergeburten stehen auch an.»

Eine Schließung im Januar wäre einfacher zu verkraften gewesen als um
diese Zeit. «Das Wetter soll auch noch schön werden. Es ist zum
Verzweifeln», so der Hellabrunn-Chef. Neben den Eintrittsgeldern sei
die Verpachtung der Gastronomie die zweite Einnahmequelle für den
Tierpark. Beides fehle nun.

«Die Auswirkungen sind enorm», sagt auch Barbara Jantschke,
Direktorin des Zoos in Augsburg. Sie rechnet mit bis 700 000 Euro an
Einbußen durch die Schließung bis zum 19. April. Aus eigener Kraft
werde der Zoo den Ausfall an Einnahmen nicht ausgleichen können.

Beim Personal werde bereits umstrukturiert, so die Zoo-Chefin. Für
die Mitarbeiter, die nicht in der Tierpflege tätig sind, habe der Zoo
Kurzarbeit beantragt. Die Tierpfleger sollen im Zwei-Schicht-Betrieb
tätig sein, um sich nicht zu begegnen und auf diese Weise das
Ansteckungsrisiko zu verringern. Diese Umstellung soll in den
kommenden Tagen erfolgen.

In Hellabrunn wird bereits so gearbeitet, wie Baban sagt. Das
Tierwohl müsse gewährleistet sein und zugleich die Gesundheit der
Mitarbeiter geschützt werden. Tierpfleger und -ärzte seien da,
Handwerker ebenso. Verwaltungsmitarbeiter seien zumeist im
Homeoffice. Kurzarbeit habe Hellabrunn nicht geplant. «Niemand soll
in finanzielle Schieflage geraten», sagt der Direktor.

Selbst für die Tiere sei es ungewohnt ruhig. Einen Lagerkoller
bekämen sie zwar nicht, jedoch benötigten sie deutlich mehr Ansprache
durch die Tierpfleger, berichtet Baban. Wenn er seine tägliche Runde
durch den Tierpark drehe, guckten die Tiere verdutzt. «Sie freuen
sich, wenn ein Besucher da ist.» Das sei für sie eine Bereicherung.
In Zoos beobachteten sich Tiere und Menschen schließlich gegenseitig.


Mit Einbußen in sechsstelliger Höhe rechnet auch Straubings
Tiergartendirektor Wolfgang Peter. Die Schließung - gerade über
Ostern - «tut sehr weh», sagt er. Seiner Ansicht nach könnte eine
Maskenpflicht eine Option sein, damit die Zoos wieder öffnen können.
Sorgen um das Wohl der Tiere müsse sich aber niemand machen. Das
Futterlager sei gefüllt, die Tiefkühlkammer voll mit Fisch und
Fleisch und auch die Zoo-Apotheke gut ausgestattet, sagt Peter.

Eine Schätzung zu den erwarteten Einbußen gibt es im Tiergarten
Nürnberg noch nicht, wie eine Sprecherin sagt. Sie verweist jedoch
auf frühere Jahresberichte, nach denen der Tiergarten seine Kosten zu
60 bis 75 Prozent aus Besuchereinnahmen gedeckt habe. Den Rest habe
die Stadtkasse übernommen. Auch in Nürnberg arbeiteten die
Tierpfleger in zwei getrennten Einheiten.

Insgesamt werden 56 deutsche Zoos vom Verband mit Sitz in Berlin
vertreten. In den Einrichtungen werden mehr als 180 000 Wirbeltiere
gepflegt und gezüchtet. Viele von ihnen sind bedrohte Arten. Zoos
sind Bildungseinrichtungen, sagt Hellabrunn-Chef Baban. «Wir dürfen
nicht in Vergessenheit geraten.»