Asselborn: In Ungarn existiert «diktatorische Regierung»

Berlin (dpa) - Angesichts weitreichender Vollmachten für Ungarns
rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban zur
Corona-Bekämpfung hat Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn die EU
zu drastischen Gegenmaßnahmen aufgerufen. «Wir dürfen uns nicht damit

abfinden, dass innerhalb der EU eine diktatorische Regierung
existiert», sagte Asselborn der Zeitung «Die Welt» (Mittwoch).

«Ungarn gehört ohne Zeitverlust in eine strikte politische
Quarantäne. Die ungarische Regierung darf keinen Platz mehr haben am
Tisch der europäischen Institutionen, und vor allem darf eine
Regierung, die unbefristet von keinem Parlament mehr kontrolliert
wird, nicht mitentscheiden bei Sachentscheidungen in den einzelnen
Ministerräten, die am Ende alle Menschen in Europa betreffen»,
forderte Asselborn.

Orban hatte sich am Montag vom Parlament mit umfassenden
Sondervollmachten ausstatten lassen. Sie ermöglichen ihm, ohne
zeitliche Befristung auf dem Verordnungsweg zu regieren. Zwar kann
auch das Parlament ein Ende des Notstands beschließen. Zugleich
besagt das Gesetz jedoch, dass die Vollmachten ohne zeitliche Frist
bestehen bleiben, falls das Parlament verhindert ist. In diesem Punkt
bleibt das Gesetz jedoch vage. So enthält es keine Kriterien dafür,
wann das Parlament als verhindert gilt. Während des Notstands dürfen
auch keine Wahlen und Referenden stattfinden.

Verstöße gegen Quarantänebestimmungen sowie für die Verbreitung von

Falschnachrichten sollen streng bestraft werden. Journalisten
fürchten, dass ihnen wegen kritischer Berichterstattung Haftstrafen
drohen könnten.