Sechs Corona-Patienten aus Frankreich in Schleswig-Holstein

Europäische Solidarität: Schleswig-Holstein nimmt sechs Corona-Kranke
aus Frankreich auf. Im Norden steigt die Zahl der Toten auf neun. Die
Wirtschaftshilfen laufen auf Hochtouren, doch bereits 17 800 Betriebe
melden Kurzarbeit. Fielmann streicht die Dividende.

Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holstein hat sechs
Corona-Intensivpatienten aus Frankreich aufgenommen. Je drei sollen
im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel und Lübeck
behandelt werden. Wie das Klinikum am Dienstag mitteilte, müssen die
Patienten beatmet werden. Sie landeten mit einer Maschine des
französischen Militärs um 15.48 Uhr in Hamburg und wurden von dort in
die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein gebracht. Das UKSH folge
einem Aufruf von Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP), hieß es.

«Gegenseitige Unterstützung erfüllt gerade jetzt die Idee von Europa:

Helfen ist ein Gebot der Menschlichkeit, Patienten aus den Ländern
aufzunehmen, die über keine Kapazitäten zur Versorgung mehr
verfügen», sagte UKSH-Vorstandschef Jens Scholz. Am Klinikum
arbeiteten 14 500 Menschen, darunter mehr als 1000 Mitarbeiter aus
120 Nationen. Der französische Generalkonsul in Hamburg, Laurent
Toulouse, habe sich in einer Grußbotschaft beim UKSH bedankt. Dort
werden derzeit 18 auf Covid-19 positiv getestete Patienten versorgt,
sieben von ihnen intensivmedizinisch. Bis Mitte April verdoppelt das
UKSH seine Intensivkapazitäten von 172 auf 362 Betten.

Unterdessen hat sich die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem
neuartigen Coronavirus in Schleswig-Holstein um zwei auf neun erhöht.
Es handle sich um einen 80 Jahre alten Mann im Kreis Plön und eine 78
Jahre alte Frau im Kreis Rendsburg-Eckernförde, teilten die
Landesregierung und die Kreise mit. Beide Corona-Opfer hatten schwere
Vorerkrankungen und starben in Krankenhäusern.

Die Zahl der gemeldeten Infektionen in Schleswig-Holstein hat sich
bis einschließlich Montag um 82 auf 1135 erhöht. Das ist ein Anstieg
um 7,2 Prozent. 146 Menschen sind oder waren demnach seit Beginn der
Pandemie in klinischer Behandlung und damit 18 mehr als am Vortag.

Nach zwei Corona-Todesfällen in einem Altenheim in Tornesch im Kreis
Pinneberg in der vergangenen Woche sind nun weitere Infektionen mit
dem neuartigen Virus gemeldet worden. Von den rund 30 Bewohnern des
Altenheims wurden aktuell acht positiv auf das neuartige Coronavirus
getestet. Zwei von ihnen befinden sich im Krankenhaus. Die anderen
seien in Quarantäne. Sie würden auf ihren Zimmern ärztlich betreut.
Infiziert sind zudem sieben von 16 Pflegekräften, wie ein Sprecher
des Kreises Pinneberg am Dienstag mitteilte. Zunächst hatten das
«Hamburger Abendblatt» und der NDR berichtet.

Dass die Zahl der Infizierten unter den Bewohnern steigt, gilt als
wahrscheinlich: «Ich gehe leider davon aus, dass noch weitere
Infektionen bekannt werden. Die entsprechenden Untersuchungen
laufen», sagte Angelika Roschning, Leiterin des Fachdienstes
Gesundheit in der Kreisverwaltung Pinneberg.

Die Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein
werden immer deutlicher. Bereits 17 800 Betriebe haben Kurzarbeit
angezeigt. Im vergangenen Jahr habe es wöchentlich sieben solcher
Anzeigen gegeben, sagte die Chefin der Regionaldirektion Nord der
Arbeitsagentur, Margit Haupt-Koopmann, der Deutschen Presse-Agentur.
Im Land gibt es laut Wirtschaftsministerium 123 000 Unternehmen. In
Deutschland meldeten 470 000 Unternehmen Kurzarbeit an.

Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt könnten frühestens im
Monatsbericht April dokumentiert werden, sagte Haupt-Koopmann, bei
der Vorstellung der Märzzahlen. Diese sind noch nicht von der
Corona-Krise geprägt.

Die Bearbeitung von Anträgen kleiner Betriebe auf staatliche
Zuschüsse läuft in Schleswig-Holstein weiter auf Hochtouren. Nach
Angaben des Wirtschaftsministeriums wurden bis dienstagfrüh von 30
000 eingegangenen Anträgen 1310 Anträge bewilligt. Bisher wurden 11,7
Millionen Euro Hilfsgelder ausgezahlt.

Der Bund unterstützt kleine Firmen, Solo-Selbstständige, Freiberufler
und Landwirte mit bis zu 50 Milliarden Euro. Das Land
Schleswig-Holstein flankiert dies mit 100 Millionen Euro für
Sonderfälle. Firmen mit bis zu fünf Beschäftigten bekommen eine
Einmalzahlung von 9000 Euro für drei Monate, Firmen mit bis zu zehn
Beschäftigten 15 000 Euro.

In der Landespolitik ist eine Debatte darüber aufgeflammt, wie am
besten eine Förderlücke zu schließen ist. Unternehmen mit 10 bis 100

Unternehmen fielen bisher durchs Förderraster, hieß es von den
Regierungsparteien CDU, Grüne und FDP, aber auch der oppositionellen
SPD. Strittig ist dabei in der Jamaika-Koalition, ob es Zuschüsse
geben sollte oder Darlehen. CDU und FDP sind für Zuschüsse, ebenso
die SPD. Die Grünen plädieren für Darlehen. In der Diskussion geht es

auch um jene 100 Millionen Euro Landesmittel, die eigentlich für
Sonderfälle bei Kleinunternehmen gedacht waren.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte der Deutschen
Presse-Agentur, sollten bisherige Fördermittel des Landes in Höhe von
100 Millionen Euro entsprechend umgeschichtet werden, bedürfe dies
eines neuen Kabinettsbeschlusses. Finanzministerin Monika Heinold
(Grüne) erklärte: «Bei weiteren Hilfen für unsere Wirtschaft werbe

ich für Darlehen statt für Zuschussprogramme.»

Die Optikerkette Fielmann, deren Gründer Günther Fielmann Ehrenbürger

Schleswig-Holsteins ist, setzt wegen der wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie ihre Dividende für 2019 aus. Der Konzern
begründete dies am Dienstag mit den zu erwartenden negativen
Auswirkungen auf Absatz, Umsatz und Gewinn.

Zum Schutz der Bewohner von Pflegeeinrichtungen und Patienten in
Kliniken vor der Pandemie hat das schleswig-holsteinische
Gesundheitsministerium unterdessen Besuche mit sofortiger Wirkung
verboten. Das gelte auch für Vorsorge- und
Rehabilitationseinrichtungen, teilte das Ministerium mit.
«Insbesondere Familien bitte ich dafür um Verständnis und eine
konsequente Einhaltung, denn es geht um die Gesundheit ihrer
Angehörigen.» Die bisherige Regelung, dass Angehörige einmal täglic
h
besucht werden durften, sei damit hinfällig.

Vom Betretungsverbot ausgenommen seien nur das Pflege- und
medizinische Personal, Personen, die für die Aufrechterhaltung des
Betriebes zwingend erforderlich seien, sowie Lieferanten, die ihre
Waren an einen fest definierten Punkt in der Einrichtung übergeben.