Erste Kommunen verordnen Maskenpflicht - keine bundesweite Einführung

Nachdem Österreich in der Corona-Krise eine Maskenpflicht angekündigt
hat, ziehen erste Kommunen in Deutschland nach. Bundesweit gibt es
aber keine Pläne dafür. Parallel wird über eine Verlagerung der
Produktion von Schutzkleidung nach Deutschland diskutiert.

Berlin (dpa) - Die Großstadt Jena und der Landkreis Nordhausen in
Thüringen setzen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie auf eine
Maskenpflicht - bundesweit ist eine solche Maßnahme derzeit aber
nicht geplant. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte am
Dienstag, er sehe in der jetzigen Lage keine Notwendigkeit dafür.

Spahn und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigten am Dienstag
unterdessen Schritte an, um Deutschland unabhängiger vom Import von
Schutzausrüstung zu machen und die Produktion im Inland zu stärken.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte eine «nationa
le
Notfallproduktion» von Schutzmasken.

Die Universitätsstadt Jena mit ihren rund 110 000 Einwohnern gilt in
Thüringen als ein Brennpunkt bei der Ausbreitung der Lungenkrankheit
und hat inzwischen mehr als 100 bestätigte Infektionen.
Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) sagte der Deutschen
Presse-Agentur, die Maskenpflicht solle schrittweise umgesetzt
werden. Es gehe nicht um den Eigenschutz, sondern den Schutz anderer
wie Verkäufer, Busfahrer und Pfleger. Nach Jena kündigte auch der
thüringische Landkreis Nordhausen eine entsprechende Verfügung an.

Spahn sagte in Düsseldorf, er nehme wahr, dass es eine zunehmende
Bereitschaft gebe, aus Solidarität mit anderen Masken zu tragen. «Und
das ist ein gutes Signal.» Einfache - auch selbstgenähte Masken -
könnten «tatsächlich auch eine Hilfe sein dabei, die Ausbreitung des

Virus zu verlangsamen». Eine Tragepflicht lehnte Spahn aber genauso
ab, wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet
(CDU), mit dem er am Dienstag das Universitätsklinikum in Düsseldorf
besuchte. Man sei jetzt prioritär damit beschäftigt, Masken für den
medizinischen Bereich zu beschaffen, sagte Laschet nach dem Besuch.
«Und wenn es sich gesellschaftlich entwickelt, dass jeder den anderen
auch schützen will, dann ist das in Ordnung. Eine Pflicht sehe ich
nicht.»

CSU-Chef Söder sagte in München zu einer möglichen Mundschutzpflicht

wie in Österreich: «Man kann nichts ausschließen.» Es sei aber nun

wichtig, Geduld zu bewahren und alles zu tun, um soziale Kontakte zu
reduzieren. Bei guten Masken herrsche im Moment ein Engpass. Eine
allgemeine Pflicht könnte wieder zu Hamsterkäufen führen.

Um die Engpässe von Spezialmasken und Schutzausrüstung in Kliniken
und Pflegeheimen zu beheben, kündigten Finanzminister Scholz und
Spahn am Dienstag Anreize für eine Produktionsverlagerung nach
Deutschland an. Scholz zufolge könnte der Bund Unternehmen, die wegen
der Corona-Krise kurzfristig in die Herstellung von Schutzmasken
einsteigen, vor finanziellen Risiken schützen. Es gebe bereits eine
ganze Reihe von Herstellern, die zur Maskenproduktion bereit seien,
sagte er in München. Im Gegenzug gebe der Bund «Finanzzusagen, die
erforderlich sind, damit Unternehmen jetzt gewissermaßen in das
Risiko gehen, ihre Produktion umstellen und Dinge herstellen, die sie
vielleicht nicht ewig herstellen werden».

Spahn bestätigte, dass sein Haus mit dem Finanzministerium daran
arbeite, entsprechende Anreize zur Inlandsproduktion zu schaffen. Die
Krise habe gezeigt, dass man bei so sensiblen Produkten von keinem
Land der Welt abhängig sein dürfe, sagte Spahn. Aus dem
Gesundheitswesen und dem Pflegebereich gibt es anhaltende Hilferufe
nach mehr Schutzausrüstung für das Personal.

«Was wir dringend brauchen sind mehr Masken und zwar die hochwertigen
Masken für unser gesamtes Personal in den Krankenhäusern und
Arztpraxen», sagte CSU-Chef Söder am Dienstag im «ARD Morgenmagazin
».
«Wichtig ist, dass wir eine nationale Notfallproduktion endlich
bekommen.» Es brauche einen ausreichenden Vorrat in Krankenhäusern,
Arztpraxen und Altersheimen. Bundesinnenminister Seehofer (CSU)
appellierte an die deutsche Industrie, in der Notlage an der
Herstellung dringend benötigter Medizinprodukte mitzuwirken. Es sei
doch richtig, «dass wir die Kraft unserer Volkswirtschaft nutzen, um
den Mangel zu beheben» sagte er in «Bild Live». Als Lehre aus der
Pandemie solle gesetzlich geregelt werden, dass Medikamente in
Deutschland stets ausreichend vorrätig sein müssten.

Der FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer forderte, die
Bundesregierung müsse mehr Führungsverantwortung übernehmen und im
Dialog mit der Wirtschaft die Notproduktion von Schutzmasken
organisieren. Er sprach vom Fehlen einer Milliarde Masken. Die
Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner kritisierte Söders
Vorstoß als «unrealistisch» und «unsolidarisch». Es brauche
Zulieferung aus dem Ausland, um möglichst schnell und viel
Schutzausrüstung herzustellen. «Da hilft eine staatliche europäische

Koordinierung mehr als nationale Alleingänge.»