Jena plant Maskenpflicht - Söder will «nationale Notfallproduktion»

Bayerns Ministerpräsident will, dass Deutschland in Sachen
Schutzmasken in die Notfallproduktion geht. Die Stadt Jena plant
sogar eine Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes. Doch der Nutzen der
Masken zur Abwehr des Coronavirus ist umstritten.

Jena (dpa) - Die thüringische Stadt Jena plant in der
Coranavirus-Pandemie eine Maskenpflicht. «In einer Woche soll das
Tragen eines Mund-und-Nasen-Schutzes in Jenaer Verkaufsstellen, dem
öffentlichen Nahverkehr und Gebäuden mit Publikumsverkehr
verpflichtend werden», teilte die Stadt mit. Die Maßnahme sei vom
Fachdienst Gesundheit angemahnt worden. Ziel sei es, die Sicherheit
des Personals im öffentlichen Leben zu erhöhen. Neben Masken seien
auch Tücher oder Schals als Schutz möglich, wenn sie Nase und Mund
bedeckten.

Die Stadt hat nach eigenen Angaben eine Grundausstattung an
Masken. Damit wolle man Pflegekräfte, Ärzte, Fahrer im öffentlichen

Nahverkehr und andere Menschen in systemrelevanter Infrastruktur
versorgen. An die Bevölkerung erging die Bitte: «Nähen Sie sich
selbst und anderen Menschen den wichtigen Mund-Nasen-Schutz, um die
Verbreitung des Virus einzudämmen.»

Eine Mundschutzpflicht unter anderem für Einkäufe in Supermärkten
hatte auch bereits die österreichische Regierung am Montag
angekündigt. Dabei ist der Nutzen der Masken umstritten: Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht im Kampf gegen die
Ausbreitung des Coronavirus keinen Nutzen im allgemeinen
Mundschutz-Tragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit
etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan am
Montag in Genf. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen
die Masken falsch abnähmen und sich dabei womöglich infizierten.

Eine Schutzmaskenpflicht in Supermärkten wie in Österreich sei
derzeit nicht geplant, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder
am Dienstag im ARD-«Morgenmagazin». Zuerst müsse man abwarten, ob die

in Deutschland getroffenen Maßnahmen helfen. «Es ist wichtig, dass
wir uns jetzt an die grundlegenden Beschränkungen halten (...) und
nicht über Exit-Strategien nachdenken», sagte Söder.

Der CSU-Chef forderte zugleich eine «nationale Notfallproduktion» von
Schutzmasken. «Was wir dringend brauchen sind mehr Masken und zwar
die hochwertigen Masken für unser gesamtes Personal in den
Krankenhäusern und Arztpraxen», sagte er. «Wichtig ist, dass wir eine

nationale Notfallproduktion endlich bekommen.» Die deutsche
Wirtschaft müsse jetzt darauf umstellen. Es brauche einen
ausreichenden Vorrat in Krankenhäusern, Arztpraxen und Altersheimen.

Der FDP-Bundestagsfraktionsvize Michael Theurer sagte, die
Bundesregierung müsse hier mehr Führungsverantwortung übernehmen und

im Dialog mit der Wirtschaft die Notfallproduktion von Schutzmasken
organisieren und vorantreiben. «In dieser historischen Krise muss die
Wirtschaft noch viel stärker bei der Produktion der in Deutschland
fehlenden ca. eine Milliarde Schutzmasken einspringen.» Das
medizinische Personal brauche dringend vor allem Viren hemmende FFP2-
und FFP3-Spezialmasken.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner kritisierte
Söders Vorstoß als «unrealistisch» und «unsolidarisch». Es brau
che
Zulieferung aus dem Ausland, um möglichst schnell und viel
Schutzausrüstung herzustellen. «Da hilft eine staatliche europäische

Koordinierung mehr als nationale Alleingänge.» Zudem müsse auch die
Belieferung der «Corona-Hotspots» sichergestellt sein. «Wir können

andere EU-Staaten nicht alleine lassen, die nicht diese Kapazität
haben und zu ihnen sagen: Pech gehabt.»