Kräftiger Anstieg der Kurzarbeit - Erste Hochrechnung für NRW

Kurzarbeit soll verhindern, dass Mitarbeitern in der Krise sofort die
Entlassung droht. Davon haben in NRW schon wenige Tage nach den
Einschränkungen im öffentlichen Leben mehr als 10 000 Unternehmen
Gebrauch gemacht. Jetzt wird eine Hochrechnung für den März erwartet.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Die Corona-Krise hat in Nordrhein-Westfalen zu
einem kräftigen Anstieg der Kurzarbeit geführt. Die Regionaldirektion
der Bundesagentur für Arbeit hatte wenige Tage nach dem Inkrafttreten
der Einschränkungen ab dem 16. März von landesweit bereits deutlich
über 10 000 Unternehmen berichtet, die Kurzarbeit angezeigt haben. An
diesem Dienstagnachmittag (14.00 Uhr) will die Regionaldirektion NRW
eine Hochrechnung zur Kurzarbeit für den Monat März veröffentlichen.


«Aktuell sind viele Arbeitgeber wie auch viele Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in NRW verunsichert», hatte Regionaldirektionschef
Torsten Withake am 20. März erklärt. Die Jobcenter und die Agenturen
für Arbeit seien auch in dieser besonderen Situation für die Menschen
und die Unternehmen da. «Wir haben unser Personal zusammengezogen und
arbeiten unter Hochdruck daran, allen betroffenen Unternehmen und
allen betroffenen Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen.»

Die Arbeitsmarktdaten für den Monat März spiegeln aber noch nicht die
Krise wieder, da zum Stichtag 12. März noch die Frühjahrsbelebung
eine Rolle spielte. Die Schließungen von zahlreichen Restaurants und
Läden kamen erst danach. Deshalb wird sich die Corona-Krise erst in
der April-Statistik der Bundesagentur für Arbeit voll niederschlagen.

In Berlin wollen an diesem Dienstagnachmittag BA-Vorstandschef Detlef
Scheele und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor die Presse
treten. Scheele hatte schon in der vergangenen Woche gesagt, er gehe
in der Corona-Krise von einem neuen Rekord bei der Kurzarbeit aus.
Während der großen Finanzkrise 2008/2009 waren in der Spitze bis zu
1,44 Millionen Menschen bundesweit auf Kurzarbeit angewiesen. Er gehe
davon aus, dass es diesmal deutlich mehr Menschen sein würden.

Mit Kurzarbeit will der Gesetzgeber verhindern, dass Arbeitnehmern
sofort die Entlassung droht, wenn ihr Betrieb wirtschaftlich in
Schwierigkeiten gerät. Hierbei wird die Arbeitszeit vorübergehend
verkürzt. Die Arbeitnehmer erhalten von der BA bis zu 60 Prozent des
entgangenen Nettolohns, wenn sie Kinder haben bis zu 67 Prozent.

Volkswirte gehen auch von einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit
durch den Stillstand aus. Sollte das öffentliche Leben im Mai wieder
anlaufen, könnte es auf das Gesamtjahr gerechnet zur Reduzierung der
Wirtschaftsleistung um etwa fünf Prozent kommen. Sollte die Krise
länger dauern, würde der Einbruch noch größer ausfallen. Die
Volkswirte rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,5
Punkte auf etwa 5,6 Prozent im Jahresschnitt.

Mit einem außergewöhnlichen Epidemie-Gesetz und einer stärkeren
Vernetzung von Krankenhäusern bereitet sich NRW für den Fall vor,
dass die Corona-Pandemie das Land mit großer Wucht trifft. Im
«äußersten Notfall» wäre es durch das von der Landesregierung
geplante Gesetz möglich, Ärzte, Pfleger und Rettungskräfte im Kampf
gegen die Epidemie zum Dienst zu verpflichten. Das Land könnte
außerdem medizinisches Material und Geräte bei Firmen sicherstellen.

Fachleute und Oppositionspolitiker kritisierten, das geplante Gesetz
der schwarz-gelben Landesregierung greife massiv in Grundrechte von
Bürgern und Unternehmen ein. Die Koalitionsfraktionen von CDU und FDP
haben die Opposition zu raschen Gesprächen über eine gemeinsame
Lösung eingeladen. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in
Nordrhein-Westfalen stieg unterdessen nicht mehr so stark wie in den
Tagen zuvor. Am Montag (16.00 Uhr) meldete das Gesundheitsministerium
landesweit 14 442 Infizierte. Am Sonntag waren es gut 800 weniger.
Die Zahl der Toten erhöhte sich in NRW um 20 auf 130 am Montag.