Millionen Soforthilfe für Wirtschaft - Tourismus stark betroffen

Es wird immer klarer - die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus wird
dramatische Folgen für die Wirtschaft auch in Mecklenburg-Vorpommern
haben. Erste Millionenhilfen fließen. Dennoch könnte das Virus eine
«Schneise der Verwüstung» durch die Wirtschaft im Norden ziehen.

Schwerin/Rostock (dpa/mv) - Zur Kompensation Corona-bedingter
Einnahmeausfälle hat die Landesregierung nach den Angaben von
Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) bislang etwa 6,7 Millionen Euro
an Antragsteller ausgezahlt. Mit Hilfe dieser nicht rückzahlbarer
Zuschüsse soll Solo-Selbstständigen, Kleinst- und Kleinunternehmen in
Mecklenburg-Vorpommern das unternehmerische Überleben ermöglicht
werden. «Die Auszahlung der Soforthilfe läuft weiter auf Hochtouren.
Die Nachfrage ist ungebrochen hoch», erklärte Glawe am Montag in
Schwerin. Etwa 16 000 Anträge seien beim Landesförderinstitut
eingegangen, das bislang 650 davon bewilligt habe. Die Anträge
spiegelten die breite Vielfalt aller Branchen wider.

Dennoch könnte das Coronavirus eine Schneise der Verwüstung durch die
norddeutsche Wirtschaft ziehen. Beinahe jedes fünfte Unternehmen in
den Küstenländern sieht sich nach einer Umfrage gegenwärtig von einer

Insolvenz bedroht, teilte die IHK Nord am Montag in Hamburg
mit. Damit liege der Norden genau im ähnlich gravierenden
Bundestrend.

Von rund 4500 Unternehmen in Bremen, Hamburg, Niedersachsen,
Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gaben drei Viertel an,
dass sie Umsatzrückgänge von mehr als zehn Prozent für das
Geschäftsjahr 2020 erwarten. Mit Einbußen von mehr als 50 Prozent für

den Umsatz rechnen über alle Branchen hinweg sogar rund ein Viertel
der Unternehmen. Fast die Hälfte der Unternehmen erwartet einen
teilweisen bis kompletten Stillstand der geschäftlichen Tätigkeit.

Schon jetzt scheint klar, dass die Corona-Pandemie für die
Tourismusbranche in Mecklenburg-Vorpommern dramatische Folgen haben
wird. Denn nun fällt wegen des bis 19. April geltenden Reiseverbots
das Ostergeschäft aus, üblicherweise der erste Saisonhöhepunkt. Laut

Statistik verzeichneten Hotels, Pensionen, Ferienhausvermieter und
Campingplätze im Land im April 2019 - auch wegen der Osterfeiertage -
rund 2,6 Millionen Übernachtungen. Das waren gut sieben Prozent der
zum Jahresende registrierten 34 Millionen Übernachtungen.

In einer verbandsinternen Befragung zu Beginn des Jahres rechneten 62
Prozent der Anbieter noch mit ähnlich guten Geschäften wie 2019,
zwölf Prozent sogar mit Steigerungen. Die jüngste Verbandsumfrage
aber zeigt nicht nur Ernüchterung, sondern blanke
Existenzangst: Demnach rechnen 95 Prozent der rund 900 befragten
Unternehmer mit starken Umsatzeinbußen, 40 Prozent mit einem
Komplettausfall des Umsatzes.

Es zeichneten sich über das Jahr Umsatzverluste von 10 bis 20 Prozent
ab, sagte Verbandsgeschäftsführer Tobias Woitendorf. Niemand wisse
zudem, wie lange die Krise anhalte und wann der Tourismus wieder in
Gang komme. «Das wichtigste ist, dass wir die Betriebe und damit die
Arbeitsplätze möglichst alle erhalten.»

Die Zahl der Corona-Infektionen lag am Montag (16.30 Uhr) bei 366,
das waren 10 mehr als am Tag zuvor. Laut Landesamt für Gesundheit und
Soziales mussten oder müssen 36 Menschen im Krankenhaus behandelt
werden, 7 davon auf einer Intensivstation. Am Samstag war ein
57-jähriger Mann aus dem Landkreis Ludwigslust-Parchim gestorben, er
war der erste Todesfall im Nordosten im Zusammenhang mit dem Virus.

Der Pandemie zum Opfer fallen auch die Jugendweihen im Frühjahr. Der
Jugendweiheverein MV sagte zunächst alle Feiern im April ab. Sie
sollen nach den Sommerferien nachgeholt werden. «Feierstunden, die
für den Monat Mai geplant sind, behalten wir uns vor durchzuführen,
soweit die Lage es möglich macht», heißt es auf der Internetseite des

mit Abstand größten Anbieters von Jugendweihen im Nordosten.

Auch die Kirchen haben ihre Feiern für Kinder und Jugendliche wegen
der Krise vorerst abgesagt. Die Konfirmationen, für die in
Mecklenburg-Vorpommern nach Angaben eines Kirchensprechers rund 1200
Jugendliche angemeldet sind, würden auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die Konfirmationen finden immer um Pfingsten statt - Pfingstsonntag
ist dieses Jahr am 31. Mai. Die katholische Kirche teilte mit, dass
Erstkommunionen und Firmungen verschoben werden, bis die Aussetzung
der Feier von Gottesdiensten wieder aufgehoben sei.

Am Montag wurden weitere Großveranstaltungen abgesagt. Dieses Mal
traf es die für Anfang Mai in Rostock geplante 16. Nationale
Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft. Ursprünglich war geplant,
dass sich die Konferenz mit ihren mehr als 800 Teilnehmern mit den
Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit befasst. Auch die
Lange Nacht der Wissenschaften in Rostock, die regelmäßig mehrere
Tausend Wissbegierige anlockt, wird am 23. April nicht stattfinden.
Einen neuen Termin gibt es noch nicht.