Neue Regeln in Spanien: «Winterschlaf» gegen Corona ab Dienstag

Zwar ist schon Frühling, aber in der Corona-Krise fällt Spanien jetzt
in eine Art «Winterschlaf». Die ohnehin schon strengen Maßnahmen samt

Ausgehverbot werden weiter verschärft. Dafür erntet die Regierung
viel Kritik. Ist dies eine Verzweiflungstat oder die Rettung?

Madrid (dpa) - Spanien will mit einer ebenso drastischen wie
umstrittenen Verschärfung der bereits seit zwei Wochen geltenden
Ausgangssperre die Corona-Pandemie noch stärker bekämpfen. Die
Anordnungen treten am Dienstag voll in Kraft: Am Montag durften die
betroffenen Personen und Unternehmen «die letzten unbedingt
erforderlichen Arbeiten» zur Einstellung der Aktivitäten erledigen,
wie es in einem in der Nacht zum Montag im Amtsblatt veröffentlichten
Dekret hieß. Ursprünglich sollte der «Winterschlaf», wie die
Finanzministerin und Sprecherin der linken Regierung, María Jesús
Montero, die Maßnahmen bezeichnete, schon am Montag beginnen.

Gemäß der Anordnung, die nach Monteros Worten «weltweit einzigartig
»
ist, müssen alle Arbeitnehmer, die in nicht wesentlichen Sektoren
tätig sind, bis zum 9. April zu Hause bleiben. Betroffen sind vor
allem der Bausektor und weite Teile der Industrie. Die betroffenen
Arbeitnehmer sollen ihr Gehalt weiterhin beziehen und die nicht
geleisteten Stunden zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Bisher
durften alle Bürger, die nicht im Homeoffice arbeiten konnten, weiter
zum Arbeitsplatz fahren. Die Verschärfung des Ausgehverbots wurde von
vielen Unternehmern und Regionalpräsidenten scharf kritisiert.

Die renommierte Zeitung «El Mundo» schrieb dazu, es handele sich «um

eine verzweifelte Flucht nach vorn» der Regierung und sei die
«drastischste Maßnahme, die man ergreifen konnte», um der
Corona-Krise Herr zu werden. «Das ist die letzte Kugel der Regierung.
Hoffentlich hat sie Erfolg.»

Obwohl der «Winterschlaf» erst am Dienstag voll in Kraft tritt,
hatten die neuen Regeln der Regierung schon am Montag Auswirkungen:
So sei der Nahverkehr in Madrid im Vergleich zum vergangenen Montag
um 40 Prozent zurückgegangen, sagte Verkehrsstaatssekretärin María
José Rallo. «Die Zahlen beginnen, uns Hoffnung zu machen, wir müssen

die Bemühungen der gesamten spanischen Gesellschaft jetzt
aufrechterhalten.»

Auch der Strombedarf in Spanien sei am Montag bereits um mehr als 25
Prozent im Vergleich zu einem Tag mit normalen Aktivitäten gesunken,
berichtete die Nachrichtenagentur «Europa Press» unter Berufung auf
offizielle Statistiken. Offenbar haben also zahlreiche Unternehmen im
Land ihre Aktivitäten bereits heruntergefahren.

Nach Italien ist Spanien in Europa das Land mit den meisten
Corona-Fällen. Bis Montag gab es nach amtlichen Angaben rund 85 000
Infektionsfälle und mehr als 7300 Tote. Seit dem Wochenende gibt es
aber auch gute Nachrichten: Die Anstiegsraten gehen deutlich zurück.
Die Neuinfektionen stiegen nur noch um 8,1 Prozent - das ist die
niedrigste Rate seit Beginn des Ausgangsverbots am 15. März. Der
Alarmzustand in Spanien wurde zuletzt bis zum 11. April ausgedehnt.