Desinfektionsmittel gegen Corona: Firmen ergreifen Initiative

Hygiene ist in der Corona-Pandemie wichtiger denn je - doch was tun,
wenn Ärzten Desinfektionsmittel fehlen? Private Firmen gerade aus der
Chemiebranche wollen helfen und stellen Teile ihrer Produktion um.
Dafür zeigen sie sich die Fachfremden kreativ.

Frankfurt/Main (dpa) - Immer mehr Unternehmen entlang von Rhein und
Main engagieren sich, um im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu
helfen. Desinfektionsmittel aus der freien Wirtschaft sollen Ärzte
und Kliniken unterstützen, den Mangel im Gesundheitswesen zu lindern
und die Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 zu verlangsamen.

So hat nun auch der Betreiber des Frankfurter Industrieparks Höchst
angekündigt, gratis Desinfektionsmittel für Kliniken in der Umgebung
herzustellen. Die Produktion von rund 400 Litern am Tag werde diese
Woche fortgesetzt, sagte ein Sprecher von Infraserv Höchst am Montag.
Allerdings seien Rohstoffe knapp, was die Herstellung beschränke.
Infraserv Höchst hat bereits mit Tochterfirmen mehr als eine Tonne
Hand-Desinfektionsmittel hergestellt - auch für den Eigenbedarf. Vier
Ausbilder des Fachkräfte-Entwicklers Provadis produzieren nach einer
Rezeptur der Weltgesundheitsorganisation.

Zudem haben sich Henkell Freixenet und der Darmstädter Merck-Konzern
zusammengeschlossen. Der Wiesbadener Sekthersteller spendet 50 000
Liter hochprozentigen Alkohol für die Produktion von
Desinfektionsmitteln. Der Alkohol stammt aus der Entalkoholisierung
von Wein für alkoholfreien Sekt und aus der Spirituosenherstellung.
Als Partner hat Henkell den Chemiepark-Betreiber Infraserv Wiesbaden,
den Apothekenverbund AUMEAS sowie Merck gewonnen. Für die Herstellung
funktioniert der Pharma- und Chemiekonzern eine Anlage, in der sonst
Produkte für die Halbleiter-Industrie hergestellt werden, um.

Solche Initiativen allein können zwar die große Nachfrage nach
Desinfektionsmitteln nicht decken, sind aber im Gesundheitswesen hoch
willkommen. «Jede Spende hilft», sagt Ursula Funke, Präsidentin der
Landesapothekerkammer Hessen. Kliniken und Ärzte, aber auch Hebammen
und Physiotherapeuten bräuchten dringend Nachschub an
Desinfektionsmitteln. «Wenn sie nicht die Hände waschen können, ist
es vorbei», sagte Funke, die selbst in Wiesbaden eine Apotheke
betreibt. Auch Apotheker spürten bei der Versorgung Schwierigkeiten.

Auch BASF hat schon die Gratis-Produktion von Desinfektionsmittel
angeworfen und verstärkt nun seine Anstrengungen. Nachdem der
Dax-Konzern Krankenhäuser mit Intensivbetten in der
Rhein-Neckar-Region beliefert hat, konzentriere man sich nun auf
Arztpraxen mit Aufgaben der Notfallversorgung, hieß es jüngst.

«Das Interesse ist riesig», sagte BASF-Vorstand Michael Heinz. Es
hätten sich weit über 1000 Kliniken, Praxen und ähnliche
Einrichtungen aus ganz Deutschland gemeldet. Da die
Produktionskapazitäten am Standort Ludwigshafen auf etwa 35 Tonnen
pro Woche begrenzt seien, müsse man Prioritäten setzen. BASF ist kein
Hersteller von Desinfektionsmitteln, sondern kauft wesentliche
Rohstoffe dafür extern oder disponiert Chemikalien zur Produktion um.
«Wir werden allerdings nicht damit beginnen, aggressiv Rohstoffe am
Markt zuzukaufen», betonte Heinz. Das würde die Lage der Firmen
verschlechtern, die Desinfektionsmittel im großen Stil herstellen.