Online-Plattform Moodle statt Klassentafel - 20 Mal so viele Zugriffe

Die Schulen sind dicht, auf den digitalen Lernplattformen herrscht
Hochbetrieb. Für sie ist die Ausnahmesituation ein «Stresstest der
besonderen Art».

Mainz (dpa/lrs) - Zwei Wochen nach Schließung der Schulen in
Rheinland-Pfalz wegen der Corona-Krise ist der digitale Unterricht
zum Alltag geworden. Für die Fortführung des Unterrichts nutzen mehr
als 1200 Schulen eine von mehreren Bildungsplattformen im Internet,
wie das Bildungsministerium in Mainz mitteilte. Wegen der hohen Zahl
an Zugriffen komme es stellenweise zu technischen Problemen, sagte
eine Sprecherin. Das Pädagogische Landesinstitut fahre deswegen die
Serverkapazitäten hoch, «so dass die Systeme auch zu Stoßzeiten
stabil laufen».

Allein bei der international verbreiteten Open-Source-Lernplattform
Moodle haben sich die Zugriffszahlen, gemessen an den Logins, laut
Ministerium verzwanzigfacht - im Vergleich zur Zeit vor den
Schulschließungen. In Rheinland-Pfalz gibt es 475 Schulen, die auf
das Land zugeschnittene Moodle-Module nutzen. Das System verzeichnete
zuletzt an einem Tag rund 50 000 Aktivitäten von Lehrkräften, etwa
das Hinzufügen von Aufgaben, Bewertungen von Arbeiten und den
Austausch mit den Lernenden. Gleichzeitig wickelte Moodle in
Rheinland-Pfalz 675 000 Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern ab,

indem etwa Arbeitsblätter abgerufen werden.

Weit verbreitet ist auch das Modulare Netz für Schulen (MNS+), das
als Netzwerklösung auf der Basis von Microsoft-Technik an
schulspezifische Anforderungen angepasst werden kann. MNS+ wird nach
Angaben des Ministeriums von 518 Schulen genutzt.

Einen gesicherten Zugriff auf Internetdaten von der elterlichen
Wohnung aus ermöglicht auch die für Grundschulen entwickelte
Netzwerklösung gs.box, für die 114 Schulen registriert sind. Dazu
gehört auch ein Internetfilter, der jugendgefährdende Inhalte
blockiert. Für Schulen, die keine der sonstigen Plattformen
verwenden, hat das Pädagogische Landesinstitut die auf der gs.box
aufsetzende Cloud-Lösung der Schulbox eingerichtet, die von 134
Schulen genutzt wird.

Kostenfreie Lernmaterialien können alle Schulen über das
rheinland-pfälzische Onlinemedien-Gesamtangebot (Omega) beziehen.
Dazu gehören Inhalte des Pädagogischen Landesinstitutes, geprüfte
Videos und Materialien kommerzieller Anbieter, freie Medien,
Schulfernsehsendungen und Links zu ausgewählten Webseiten.

Wer bisher noch keine Erfahrungen mit Lernplattformen gemacht habe,
soll aber während der Zeit der Schulschließung nicht Hals über Kopf
einsteigen. «In einer Krisensituation müssen die Schulen so arbeiten,
wie es für sie geübte Praxis ist», erklärte die Sprecherin des
Ministeriums. «Jetzt ist nicht die Zeit, zwanghaft Schulen auf
digitale Plattformen zu bringen.» Das Pädagogische Landesinstitut
bringt nur solche Schulen auf die Moodle-Plattform, die bereits
Vorkenntnisse mitbringen. Noch vor den Osterferien soll ein
Online-Lernangebot für Einsteiger entwickelt werden, mit dem sich
Lehrkräfte selbstständig mit Moodle vertraut machen können.

Als Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) will
Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) erreichen, dass Mittel aus
dem Digitalpakt für die Digitalisierung der Schulen in Deutschland
auch für den Auf- und Ausbau von Online-Lernplattformen verwendet
werden können. «Wir stehen gerade mit dem Bundesbildungsministerium
in Verhandlungen, ob wir nicht ein Teil der Digitalpaktmittel jetzt
sehr schnell auch für Online-Lehr- und Lerngebote einsetzen können»,

sagte die SPD-Politikerin in einer Telefonkonferenz des IT-Verbands
Bitkom. Mit Blick auf die Coronakrise müssten jetzt Mittel umgewidmet
werden. Bitkom-Präsident Achim Berg kritisierte, dass sich die
Bundesländer bislang nicht auf eine gemeinsame Online-Plattform für
Lehre und Lernen hätten einigen können.

Die Schulschließung sieht Hubig als «Stresstest der besonderen Art».

Lernplattformen seien nie darauf angelegt worden, dass der Unterricht
von einem Tag auf den anderen zu Hause stattfinden müsse. Dabei seien
nun auch Fragen zu klären wie: «Wie geht es mit digitaler
Feedbackkultur? Wie geht es mit digitalen Leistungsnachweisen?»