Direkthilfe an kleine Firmen soll bald fließen - aber weiter Kritik Von Andreas Hoenig und Sven Braun, dpa

Viele Firmen sind wegen der Coronavirus-Krise in Existenznot.
Verbände kritisieren, dass die Hilfe im Mittelstand nicht ankomme.
Der Wirtschaftsminister beschwichtigt. Zumindest für kleine
Unternehmer soll jetzt rasch Geld da sein.

Berlin (dpa) - In der Corona-Krise soll in den nächsten Tagen die
Auszahlung von Direkthilfen an Millionen von kleinen Firmen,
Soloselbstständigen und Freiberufler beginnen. Auch Landwirte werden
unterstützt. Insgesamt geht es um Bundesmittel von bis zu 50
Milliarden Euro. Bund und Länder einigten sich auf eine
Verwaltungsvereinbarung, wie das Finanz- sowie das
Wirtschaftsministerium am Sonntag mitteilten. Dadurch könnten die
Länder die Bundesmittel ab Montag abrufen, um Zuschüsse schnell und
unbürokratisch auszuzahlen.

Wegen der drastischen Auswirkungen der Coronakrise fürchten viele
Soloselbstständige um ihre Existenz - also etwa Musiker, Fotografen,
Künstler, Heilpraktiker, Dolmetscher oder Pfleger. Viele Geschäfte
mussten schließen, Messen, Veranstaltungen und Konzerte wurden
abgesagt. Aufträge und Umsätze vieler Solo-Selbstständiger sind
weggebrochen.

Ziel ist es nun, Liquiditätsengpässe bei kleinen Firmen zu
überbrücken, die in der Regel keine Kredite erhalten und über keine
Sicherheiten oder weitere Einnahmen verfügen. Konkret bekommen Firmen
mit bis zu fünf Beschäftigten eine Einmalzahlung von 9000 Euro für
drei Monate, Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15 000 Euro.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die
Soforthilfen des Bundes gelten auch für Landwirte. «Denn ebenso wie
für andere kleine Unternehmen, Freiberufler und Selbständige ist auch
die Not vieler Landwirte aktuell hoch.» Bundesagrarministerin Julia
Klöckner (CDU) sprach von einem wichtigen Signal für die Land- und
Forstwirtschaft. «Erfolgreich haben wir uns dafür eingesetzt, dass
die gesamte Branche unter den Schirm des Hilfsprogramms kommt.» Ziel
sei es, heimische Erzeugung zu unterstützen und aufrecht zu erhalten.

Nach wie vor beklagen Wirtschaftsbranchen wie Handwerk und
Reisebranche mangelnde Unterstützung in der Corona-Krise und eine
Förderlücke. «In dieser Extremlage brauchen neben den kleinen
Betrieben auch solche mit mehr als zehn Mitarbeitern Soforthilfen»,
sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer der Deutschen
Presse-Agentur. Weite Teile des Mittelstandes fielen durch das Raster
von direkten Zuschüssen. Ähnlich äußerte sich der Deutsche
Reiseverband (DRV). «Die Bundesregierung muss dringend Maßnahmen für

mittelständische Unternehmen bewilligen», forderte DRV-Präsident
Norbert Fiebig.

Altmaier versuchte, die Kritik zu entschärfen. «Wir helfen mit
umfassenden Maßnahmen der gesamten Wirtschaft von klein bis groß und
den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit dieser Extremsituation
umzugehen», heißt es in einem der dpa vorliegenden Brief Altmaiers an
Wirtschaftsverbände. Zugleich stellte er weiteren staatlichen Anschub
für die Zeit nach der Krise in Aussicht.

«Wir brauchen ein umfassendes Fitnessprogramm für die deutsche
Wirtschaft», sagte Altmaier der «Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung». «Die Rettungspakete allein werden nicht genügen.»

Das Konzept solle sich nicht auf klassische Konjunkturprogramme
beschränken, sondern strukturell die Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wirtschaft verbessern. Als strategisches Ziel nannte
Altmaier, eine wettbewerbsfähige Stahl- und Automobilindustrie zu
erhalten.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern und Jobs zu
schützen, ist neben dem Programm für kleine Firmen etwa ein
Rettungsfonds für große Unternehmen beschlossen worden, über den sich

der Staat notfalls an angeschlagenen Konzernen beteiligen kann.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt für die Zeit
nach der Krise auf hohe Investitionen in den Klimaschutz und die
Digitalisierung. «Die werden beim Wiederaufbau eine ganz dominante
Rolle spielen», sagte sie der dpa. Gerade in der Krise helfe ja vor
allem digitale Technik, ob nun beim Lernen der Schulkinder, bei
Videokonferenzen im Homeoffice oder beim 3D-Druck von medizinischen
Schutzvisieren gegen Corona. «Wir werden in ganz Europa massiv neu
investieren müssen», sagte von der Leyen.