Wolfsburger Heim kämpft gegen Coronavirus - Zwölf Tote

In Wolfsburg trifft das Coronavirus die Schwächsten der Schwachen -
in einem Heim, in dem viele alte und demente Menschen leben. Die
Situation in der Einrichtung wird als extrem schwierig beschrieben.

Wolfsburg (dpa) - Nach dem Tod von zwölf Menschen in Folge einer
Coronavirus-Infektion in einem Alters- und Pflegeheim in Wolfsburg
wird dort händeringend gegen eine weitere Zuspitzung der Lage
gekämpft. In dem Haus sollen Infizierte strikt von negativ getesteten
Bewohnern getrennt werden. Von etwa 165 Bewohnern des
Hanns-Lilje-Heims waren am Samstag laut Gesundheitsamt 72 infiziert.
Zwölf Menschen - überwiegend Demenzkranke - waren innerhalb weniger
Tage gestorben. Alleine am Freitagabend hatte die Stadt Wolfsburg den
Tod von sechs Frauen und zwei Männern im Alter zwischen 76 und 100
Jahren gemeldet. Für Sonntagnachmittag kündigte die Stadt weitere
Informationen an.

Für das kirchliche Heim mit oft hochgradig dementen Menschen sei die
Lage extrem schwierig, sagte Oberbürgermeister Klaus Mohrs. «Wir
stehen aber erst am Anfang der Entwicklung. Das wird für uns alle
noch eine sehr, sehr harte Zeit», sagte der SPD-Politiker am Samstag.

«Es tut uns unendlich leid, und wir versuchen alles, um die anderen
Menschen noch zu schützen», sagte Mohrs. Alle Heimbewohner seien mit
einem Abstrich getestet worden. Bei negativem Ergebnis werde der Test
alle drei Tage wiederholt. In den nächsten Wochen sollen die
Infizierten und die negativ Getesteten auf unterschiedlichen
Stockwerken leben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nannte die
Entwicklung dramatisch. «Das Geschehen in Wolfsburg führt uns die
Unerbittlichkeit dieses Virus vor Augen», sagte Weil. «Mein
besonderer Dank gilt all denen, die in dem Heim versuchen, trotz
eigener Gefährdung weitere Ansteckungen und weitere Todesopfer zu
verhindern», sagte der Regierungs-Chef der Staatskanzlei in Hannover
zufolge.

Mohrs kündigte umfassende Hygienemaßnahmen für die Pflegeeinrichtung

an. Schleusen sollen verhindern, dass Menschen aus den getrennten
Bereichen aufeinander treffen. Kurzzeitig sei darüber nachgedacht
worden, ein Wolfsburger Hotel für die Pflegepatienten umzurüsten.
Vorerst werde dies aber nicht umgesetzt.

«Es ist eine besondere Herausforderung in der Arbeit mit demenziell
veränderten Menschen, bei denen jegliche Form der Veränderung wie
Ortswechsel, Menschen in Schutzkleidung oder vermummte Gesichter
Irritationen und Ängste auslöst», sagte Heimleiter Torsten Juch.
«Daher war es aus unserer pflegefachlichen Sicht die beste
Alternative, innerhalb des Hauses getrennte Bereiche einzurichten und
nach Abwägung aller Argumente den Verbleib aller Bewohner bestmöglich
zu organisieren. Eine Evakuierung hätte eine Verschlechterung der
Demenzerkrankungen zur Folge gehabt.»

«Ich bin erschüttert und tieftraurig», teilte Landesbischof Ralf
Meister am Samstagabend mit. «Mein Mitgefühl ist bei den Angehörigen

der Verstorbenen.» Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Heims
sprach er seine Anerkennung aus. «Die Dramatik, mit der Covid-19
ältere Menschen gefährdet, fordert von uns in unserem eigenen
Verhalten konsequente Verantwortung.»