Coronavirus macht dem größten Lufthansa-Jet A380 zu schaffen Von Christian Ebner, dpa

Der weltgrößte Passagierjet Airbus A380 bereitet seinen Betreibern
schon seit einiger Zeit keine Freude mehr. Mit dem Geschäftseinbruch
in der Corona-Krise wird die Luft für den Riesenvogel immer dünner.

Frankfurt/Main (dpa) - Auf dem Frankfurter Flughafen ist an diesem
Sonntag letztmals für lange Zeit eine Linienmaschine vom Typ Airbus
A380 der Lufthansa gelandet. Wegen der weltweit zusammengebrochenen
Nachfrage in der Corona-Krise parkt das Unternehmen seine komplette
Flotte mit 14 Flugzeugen dieses Typs auf unbestimmte Zeit an den
Drehkreuzen Frankfurt und München. Der im Konzern längst eingeleitete
Abschied vom größten Passagierflugzeug der Welt könnte sich in der
Krise noch beschleunigen.

Die Lufthansa hatte auf den ambitionierten Euro-Flieger große
Hoffnungen gesetzt und zur Inbetriebnahme im Frühsommer 2010 kräftig
die Werbemaschine angeworfen. Zu Teststarts- und Landungen in
Rheinmünster bei Karlsruhe und Leipzig strömten jeweils tausende
Schaulustige. Ihren ersten Langstreckenflug mit Passagieren
absolvierte die «Frankfurt am Main» nach Südafrika, um die
Fußballnationalmannschaft zur Weltmeisterschaft zu bringen. Der erste
Linienflug ging dann am 11. Juni 2010 nach Tokio.

Piloten wie Passagiere lieben den Riesenvogel bis heute. So sagt
beispielsweise der Lufthansa-Kapitän Uwe Harter: «Es ist wirklich
faszinierend, wie agil sich eine A380 fliegen lässt. Im Vergleich zu
älteren Airbus-Modellen haben die Ingenieure noch einmal einen
enormen technologischen Sprung geschafft.» Vielflieger Torsten
Gründer lobt hingegen den Komfort: «Ruhe, Platz, Raum - von allem hat
sie ein bisschen mehr.» Der IT-Spezialist bedauert den schleichenden
Abschied des Flaggschiffs «außerordentlich», denn kein anderer Jet
habe so ruhig in der Luft gelegen wie die A380.

Die Probleme der vierstrahligen A380 zeigten sich schnell im
kommerziellen Betrieb. 509 Sitze in der Lufthansa-Konfiguration oder
sogar mehr als 800 Plätze in durchgehender Economy-Bestuhlung sind in
jedem Flugplan ein nur schwer zu füllender Klotz. Dahinter steckte
die Airbus-Idee, die großen Interkontinental-Maschinen an einem
Drehkreuz (Hub) mit etlichen Zubringerflügen zu füttern. Ein Konzept,
das nur auf wenigen Rennstrecken zwischen den Metropolen der Welt
gelingen kann. Konkurrent Boeing hatte sich von vornherein skeptisch
gezeigt und keinen Nachfolger des eigenen Jumbos 747 mehr geplant.

Neue Langstreckenflugzeuge mit kerosin-genügsameren
Doppel-Triebwerken machten schließlich sogenannte
Punkt-zu-Punkt-Verkehre attraktiver. Die Passagiere nutzen gerne neue
Direktverbindungen statt mehrmals über die Hubs umzusteigen. Airbus
konnte für sein größtes Flugzeug nur 251 Bestellungen einsammeln, von

denen aktuell bereits 242 ausgeliefert sind. Hauptkunde waren die
arabischen Emirates, die 115 Maschinen betreiben. Im Februar 2019
wurde schließlich die Produktionseinstellung verkündet. Für Singapore

Airlines rechneten sich die Riesenflieger so schlecht, dass bereits
zwei Maschinen abgewrackt wurden, um wenigstens die Komponenten zu
Geld zu machen.

«Die A380 war noch nie das profitabelste Fluggerät. Das haben alle
Betreiber gemerkt», sagt der Airborne-Berater Gerald Wissel. Es werde
zwar auch nach der Krise noch Strecken geben, auf denen sich ein
Einsatz eines solch großen Flugzeuges rechnet. «Aber es werden sicher
weniger A380 wieder in die Luft gehen als vor Corona.» Bereits vor
der Krise hatte Lufthansa mit dem Hersteller Airbus vereinbart, dass
dieser zu einem ungenannten Preis ab 2022 sechs der 14 Maschinen
zurücknimmt. Neu bestellt wurden im gleichen Zug 40 zweistrahlige und
kleinere Langstrecken-Jets der Typen Boeing 787-9 und Airbus
A350-900. Der Boeing-Dreamliner wird erstmals im Lufthansa-Konzern
eingesetzt.

Wann und ob überhaupt die A380 mit dem Kranich noch einmal auf große
Tour gehen, ist laut Lufthansa nicht konkret absehbar. Wissel rechnet
mit einem nur geringen Nachholbedarf an Flugreisen, der einzig auf
die Geschäftsreisenden begründet sei. Privatreisende könnten
verpasste Urlaube nicht beliebig nachholen und könnten zudem noch
länger vorsichtiger agieren als in Vorkrisenzeiten. Und auch die
vielen ausgefallenen Messen und Kongresse weltweit würden schließlich
nicht nachgeholt. Je länger die Krise anhalte, desto eher fände dann
einfach die nächste Ausgabe statt.

Den vorerst letzten A380-Linienflug absolvierte am Sonntag die
Maschine mit der Kennung D-AIMM und dem Taufnamen «Delhi», seit 2015
im Dienst und mit gut 25 200 Flugstunden auf der Uhr eigentlich noch
ein sehr junges Flugzeug.

Pilot Harter hat die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Konzepts
trotz der Airbus-Produktionseinstellung noch nicht aufgegeben: «Man
merkt dem Flugzeug an jeder Ecke an, dass von Beginn an eine längere
Version geplant war. Mit noch einmal 200 Plätzen mehr würde sich das
Flugzeug vielleicht besser rechnen. Eventuell braucht man so etwas ja
in zehn Jahren. Mich würde es freuen.»

Kommt es nicht so, müssten Harder und seine rund 200 A380-Kollegen
auf ein anderes Flugzeugmuster umschulen. Was aber kein größeres
Problem wäre, denn die von Lufthansa bestellte A350 mit zwei
Triebwerken nutzt in vielen Bereichen die für die A380 entwickelten
Komponenten und Technologien.