Medienforscher: Corona-Krise verleiht Fake News hohe Verbreitung

So schnell wie sich das Coronavirus ausbreitet, werden auch Fake News
in soziale Netzwerke im Internet gestellt. Auch solche falschen
Informationen können der Gesundheit schaden, warnt der Jenaer
Medienpsychologe Tobias Rothmund. Dabei sei niemand vor Fakes gefeit.

Jena (dpa/th) - Die Corona-Pandemie hat in sozialen Medien eine
Vielzahl von Fake News hervorgerufen. «Falschinformationen gibt es im
Prinzip immer», sagte der Jenaer Medienpsychologe Tobias Rothmund der
Deutschen Presse-Agentur. Aber wenn Menschen verunsichert seien oder
sich bedroht fühlten, würden sie besonders stark weiterverbreitet. Im
Extremfall führten solche Falschmeldungen nicht nur zu mehr Angst und
Panik, sondern schadeten der Gesundheit - etwa bei irreführenden
Tipps zur Vorbeugung oder Behandlung einer Infektion, warnte der
Social-Media-Forscher. Jeder sei daher gefordert, Informationen
kritisch zu hinterfragen, bevor er sie an Bekannte weiterleite.

So kursieren Behauptungen, der Erreger Sars-CoV-2 sterbe bei 26 bis
27 Grad ab - was falsch ist. In anderen Meldungen wird Luftanhalten
als Schnelltest für eine Corona-Infektion empfohlen oder behauptet,
wegen der Pandemie würden Festnetztelefonate nach einer bestimmten
Zeit unterbrochen. In Ostthüringen sorgten Spekulationen über ein
riesiges Zelt auf dem Flugplatz Nobitz für wirre Spekulationen: Mal
sollte es als Quartier für heimlich per Flugzeug eingeschleuste
Flüchtlinge dienen, mal als Quarantänestation für Corona-Infizierte.

Tatsächlich parkt der Autokonzern VW in dem Zelt Neuwagen.

Die Corona-Pandemie mache den Menschen Angst und schaffe einen Hunger
nach Informationen, konstatierte Rothmund. «Wir suchen nach Antworten
und dabei stoßen Falschinformationen in Informationslücken.» Zu
unterscheiden seien zum einen Informationen, die künstlich erzeugt
und absichtlich falsch seien; zum anderen Meldungen mit einem wahren
Kern, der aber falsch oder missverständlich dargestellt werde. Oft
reiche allerdings schon eine kurze Recherche, um Fake News auf die
Schliche zu kommen. Vorsicht sei zumal immer geboten, wenn keine,
ungenaue oder dubiose Quellen angegeben seien.

Dabei ist nach Ansicht des Medienpsychologen niemand vor Fakes
gefeit. «Es gibt für jeden Menschen die passende Falschmeldung»,
betonte er. «Wenn eine Information meine Sorgen, Wünsche,
Überzeugungen anspricht, dann bin ich besonders gefährdet, sie zu
glauben und zu teilen.» Zudem seien impulsive und spontane Menschen
stärker gefährdet, Falschmeldungen in sozialen Netzwerken wie
Facebook und Twitter oder in Messengerdiensten wie Whatsapp
weiterzuverbreiten. Denn dazu reicht ein schneller Klick.

Generell gebe es Akteure, die kommerziell Falschmeldungen verbreiten
und damit im Internet Geld verdienten, weiß der Fachmann: «Da gibt es
eine florierende Fake-News-Industrie.» Hier sehe er die Notwendigkeit
rechtlich vorzugehen und entsprechende Seiten zu verbieten. In der
aktuellen Corona-Krise sei ihm das aber noch nicht aufgefallen.
Auffällig sei jedoch, dass aus der rechtsextremen Szene versucht
werde, die aktuelle Situation mit Hilfe von Fake News für ihre Zwecke
zu instrumentalisieren. Dabei gehe es etwa darum, der Regierung
Versagen vorzuwerfen oder Ausländer zu diskreditieren.