Was Schnelltests in der Corona-Krise bringen Von Anja Garms, dpa

Ein Schnelltest zum Nachweis des Coronavirus würde die Eingrenzung
der Pandemie erleichtern. Fast täglich kündigen Forscher und
Unternehmen an, neue Tests auf den Markt bringen zu wollen, erste
sind bereits erhältlich. Was können diese Tests - und was nicht?

Berlin (dpa) - In Deutschland gibt es eine Diskussion darum, mehr
Menschen auf das Coronavirus testen zu lassen. Schnelltests könnten
helfen, Infektionen rasch nachzuweisen und so dazu beitragen, die
Pandemie so gut wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Noch sind
solche Test nicht in der ärztlichen Routine angekommen, aber rund um
die Welt arbeiten Forscher an ihrer Entwicklung. Erste Schnelltests
sind bereits zugelassen. Sie müssen aber auch in ausreichender Zahl
produziert werden. Täglich gibt es zudem Ankündigungen für neue
Testsysteme. Ihre Schnelligkeit ist ihr großer Vorteil - aber sie
haben auch Nachteile und sind nicht für alle Zwecke geeignet.

Für den gegenwärtigen Standard-PCR-Test nehmen Ärzte einen
Rachenabstrich. Die Probe wird ins Labor geschickt und aufgereinigt
und dann auf das Erbmaterial des Virus durchsucht. Der Test selbst
dauert etwa vier bis fünf Stunden. Hinzu kommt die Zeit für den
Transport - und zurzeit manchmal Wartezeiten bis zur Auswertung, weil
Labormaterial fehlt oder die Zahl der Tests die Kapazitäten eines
Labors übersteigt. Es kann deshalb mehrere Tage dauern, bis das
Ergebnis beim Arzt und Patienten vorliegt.

In dieser Zeit muss sich der Patient in Quarantäne begeben -
möglicherweise umsonst. Gerade in Kliniken und Arztpraxen können
Wartezeiten auf ein Testergebnis auch zu Personalmangel führen.
Schnelltests sollen unter anderem hier Abhilfe schaffen. «Mit
schnelleren Tests kann man sofort handeln und so auch die
Übertragungswahrscheinlichkeit von einem Infizierten zum nächsten
senken», sagt Hendrik Streeck vom Institut für Virologie des
Universitätsklinikums Bonn.

Beworben werden zum einen Analysegeräte, die wie der Standardtest
nach Virus-Erbgut suchen, aber schneller Ergebnisse liefern. In den
USA ist ein solcher Schnelltest des Herstellers Cepheid kürzlich
zugelassen worden, der innerhalb von 45 Minuten eine Infektion
nachweisen soll. Allerdings analysieren diese Systeme immer nur eine
Probe und sind sehr teuer, sagt Virologe Streeck. «Für den täglichen

Einsatz oder Screenings größerer Gruppen sind sie nicht geeignet.»

Ein anderer Weg zu schnelleren Testergebnissen führt über
serologische Testverfahren. Das Prinzip ist ähnlich wie bei einem
herkömmlichen Schwangerschaftstest: Die Probenlösung - zum Beispiel
ein Tropfen Blut mit Reagenzien vermischt - wird auf einen Streifen
aufgetragen, eine farbliche Markierung zeigt dann, ob die Probe
positiv oder negativ ist.

Nachgewiesen werden können zum einen Antikörper. Also die Strukturen,
die unser Immunsystem bildet, wenn es mit einem fremden Erreger in
Kontakt kommt. Als Schnelltest für eine akute Infektion eignen sich
solche Antikörpernachweise aber kaum, wie Streeck betont. «Antikörper

lassen sich erst an der Spitze der Erkrankung sicher nachweisen,
dann, wenn die Ansteckungsgefahr schon wieder nachlässt.» In den
ersten Tagen nach einer Ansteckung können die Antikörper nicht sicher
nachgewiesen werden - der Infizierte kann den Erreger aber schon
weitergeben.

Sinnvoll können solche Tests sein, um eine zurückliegende Infektion
nachzuweisen und den Verlauf der Epidemie zu verfolgen. Denn
Antikörper bleiben auch im Körper, wenn die Erkrankung schon längst
abgeklungen ist. An so einem Nachweis arbeiten auch Forscher am
Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. «Mit einem
Antikörper-Test können wir Menschen identifizieren, die eine
Infektion überstanden haben», sagt der Virologe und Epidemiologe Tim
Waterboer. «Die können dann wieder arbeiten gehen und müssen nicht
mehr geschützt werden.»

Besonders wichtig ist das, solange die Epidemie noch voll im Gang
ist. Klinikpersonal, Polizisten, Supermarktangestellte mit diesen
Antikörpern könnten ihrer Arbeit ungefährdet nachgehen. Erste dieser

Tests sind bereits erhältlich, etwa vom Berliner Biotech-Unternehmen
Pharmact. Angesichts des derzeitigen Booms unter Testangeboten betont
Waterboer die Notwendigkeit, neue Tests ausfühlich zu prüfen, bevor
sie auf den Markt gelangen. «Wichtig ist es, dass diese Tests auch
wirklich funktionieren und tatsächlich auch die schützenden
Antikörper nachweisen. Um das sicherzustellen, muss man Hunderte oder
Tausende Proben testen.»

Um tatsächlich akut infizierte Personen schnell aufzuspüren, arbeiten
Wissenschaftler an Tests, die das Virus selbst oder seine
Bestandteile erkennen. So ein Test enthält Antikörper gegen das
Virus. Gibt man eine Probe hinzu, binden die Antikörper an das Virus
- so es in der Probe vorhanden ist. Der Test fällt dann positiv aus.
«Das ist meiner Ansicht nach das Mittel der Wahl, wenn es darum geht,
Verdachtsfälle schnell zu testen», sagt Streeck.

An einem solchen Test arbeitet unter anderem ein internationales
Konsortium aus Biotechnologie-Unternehmen und Forschern, etwa des
Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. In sechs
bis acht Wochen wollen sie einen Prototyp vorliegen haben, der dann
in der Praxis getestet werden kann, wie Konsortiumssprecher Thomas
Huber erläutert. Der Test basiert auf einem Mikrochip, der in ein
Lesegerät gesteckt wird und in wenigen Minuten ein Ja/Nein-Ergebnis
liefert. In einer späteren Version könnte der Chip das Testergebnis
direkt an ein Smartphone schicken. Er soll dann auch für Heimtests
angeboten werden.

Schnelle Tests könnten die nötige Voraussetzung sein, um die
derzeitigen Ausgangsbeschränkungen zumindest regional aufzuheben.
Denn dann können neue Infektionscluster schnell erkannt und regional
beschränkt werden, während andernorts vielleicht keine verschärften
Maßnahmen erforderlich sind.

Bis dahin wird der Standard-PCR-Test in Deutschland das Mittel der
Wahl bleiben, wenn es darum geht, akute Infektionen nachzuweisen.
Deutschland sei dabei sehr gut aufgestellt, erläutert Evangelos
Kotsopoulos, Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Akkreditierte
Labore in der Medizin e.V. (ALM). Aktuell würden in den bundesweiten
Laboren über 58 000 Tests täglich durchgeführt. «Das ist eine
gewaltige Kapazität, die derzeit voll ausgenutzt wird.» In 80 Prozent
der Fälle würde das Ergebnis innerhalb von 24 Stunden vorliegen. Eine
ausreichende Testung sei auch weiterhin möglich, sofern dabei die
Kriterien des Robert Koch-Instituts eingehalten würden - also nur in
begründeten Verdachtsfällen Tests erfolgen.