Addo: Impfstoff gegen Coronavirus frühestens in zweiter Jahreshälfte

Ein Impfstoff gegen das neue Coronavirus wird es nach Einschätzung
der Virologin Addo vom UKE frühestens in der zweiten Jahreshälfte
geben. Auch wenn das aus Sicht der Ärztin ein hohes Tempo ist - für
die aktuelle Corona-Welle nützten diese Mittel nichts.

Hamburg (dpa/lno) - Trotz des für Mediziner hohen Entwicklungstempos
rechnet die Virologin Marylyn Addo vom Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf (UKE) frühestens in der zweiten Jahreshälfte mit
einem Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus. «Es sind sehr viele
verschiedene Impfstoffansätze in der Entwicklung», sagte die Leiterin
der Infektiologie des UKE am Freitag in Hamburg. Die schnellsten
Impfstoffentwicklungen seien bereits an Menschen getestet worden.
«Das hat es noch nie gegeben, dass von der Entwicklung eines Virus
bis zur Impfung des ersten Menschen zur Sicherheitstestung nur
mehrere Monate vergangen sind.»

Schnell sei natürlich im Auge der Gesellschaft relativ. «Aber für uns

ist das schnell», sagte Addo - und räumte ein, dass keiner der
Impfstoffe für die aktuelle Corona-Welle Relevanz haben werde. Selbst
die bereits jetzt weit gediehenen Impfstoffe stünden frühestens in
der zweiten Jahreshälfte breiter zur Verfügung. Addo betonte:
«Impfstoffe sind Produkte, die wir Gesunden verabreichen, und wir
müssen dafür sorgen, dass diese sicher sind.»

Es gebe noch kein zugelassenes Medikament für diese Erkrankung, sagte
Addo. Aber es gebe viele Substanzen, die in irgendeiner Form bei
anderen oder ähnlichen Krankheiten Wirkung gezeigt hätten und
zugelassen seien. «Die müssen wir jetzt auf Wirksamkeit strukturiert
prüfen, um dann zu wissen, wen können wir wie wann am besten
behandeln», sagte Addo. Derartige klinische Studien liefen nun an
vielen Universitätskliniken und Zentren an, auch am UKE.

Die sogenannten Antikörpertests, mit denen etwa auch eine unbemerkt
überstandene Corona-Infektion nachgewiesen werden soll, seien noch in
der Entwicklung, sagte Addo. «Diese Entwicklung ist noch in einem
sehr frühen Stadium.» Das Problem sei, dass bislang nicht sicher sei,
dass die Tests tatsächlich das neuartige Coronavirus und nicht etwa
ein altes Coronavirus erfassen.

Im Gegensatz dazu können sogenannte PCR-Tests sehr präzise eine akute
Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nachweisen. Massentests hält
Addo gleichwohl für nicht sinnvoll. Sie verstehe, wenn die Menschen
in Sorge seien. «Für die allgemeine Gesellschaft ist ein negativer
Test aber nicht aussagekräftig», sagte Addo. Denn schon am nächsten
Tag könne sich der Getestete angesteckt haben und positiv sein.

Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) bestätigte Anfragen
aus Italien und Frankreich zur Übernahme schwer kranker
Covid-19-Patienten durch Hamburger Kliniken. Sie sprach von zehn
italienischen Patienten für das Asklepios-Klinikum Harburg und
zunächst zwei französischen Patienten für das UKE. Das sei jedoch
abhängig von den Kapazitäten der Krankenhäuser gerade mit Blick auf
die im April erwartete Corona-Welle in der Hansestadt. Addo betonte,
es handele sich zunächst nur um eine Anfrage: «Es ist kein Patient
hier, es ist noch keine Logistik eingeleitet worden.»

Die Stadt Hamburg soll nach dem Willen von Wissenschaftssenatorin
Fegebank künftig eine Spitzenstellung bei der Infektionsforschung
einnehmen. Sie solle weiter unterstützt und aufgebaut werden - «mit
dem Ziel tatsächlich eine Spitzenstellung (...) zu erreichen». Die
Stadt solle hier auch mit Blick auf Coronabekämpfung und -bewältigung
Maßstäbe setzen und sich «eine richtige Stufe nach oben katapultieren

und eine Spitzenstellung bekommen im Bereich der
Infektionsforschung». Dafür habe die Stadt für die kommenden zwei,
drei Jahre im Rahmen der Landesforschungsförderung bereits rund zehn
Millionen Euro bereitgestellt «ohne zu wissen, dass uns Corona und
diese Welle uns so ereilen würde».