Merkels Geheimtrip und ein Lolli-Video: Corona-Lügen im Internet Vom dpa-Faktencheck-Team

News und Anekdoten rund um das Coronavirus fluten das Netz. Nicht
alles entspricht der Wahrheit, auch Lügen und Gerüchte sind dabei.
Doch selbst Politiker sind nicht davor gefeit, Fakes weiterzutragen.

Berlin (dpa) - Der Nachrichtenfluss rund um die Corona-Pandemie reißt
nicht ab. Mit ihm schwemmt es auch so manche Lüge in die sozialen
Netze. Warum man bei Gerüchten um Sars-CoV-2 genau hinschauen sollte:

BEHAUPTUNG: Nach Sars-Cov-2 breitet sich nun ein neuer, tödlicher
Erreger in China aus: das Hantavirus.

FAKTEN: Hantaviren sind nicht neu und bereits weltweit verbreitet. In
Deutschland sind Infektionen seit Jahren meldepflichtig. Die Viren
werden nicht von Mensch zu Mensch übertragen, sondern über Nagetiere
wie Ratten und Mäuse. Es gibt nicht das eine Hantavirus, sondern
diverse Hantaviren. Je nach Typ können unterschiedlich schwere
Krankheitsverläufe auftreten. Meist erleiden Infizierte plötzlich
hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Magen-Darm- und
Nierenprobleme. In Deutschland gab es bisher nur wenige Todesfälle.

BEHAUPTUNG: Nach den Covid-19-Einsätzen zeigen Pflegekräfte und Ärzte

Selfies ihrer Gesichter mit tiefen Abdrücken von Schutzbrillen.

FAKTEN: Klinikpersonal erntet für seinen harten Einsatz zurecht
Anerkennung. Doch am Beispiel von Nicola Sgarbi aus Modena zeigt
sich, dass Nutzer fremde Fotos stark manipulieren. Nach eigenen
Angaben veröffentlichte Sgarbi auf seiner Facebook-Seite nach 13
Stunden auf der Intensivstation ein Selfie mit dem Abdruck der
Schutzbrille. Doch andere Versionen derselben Aufnahme, die sich in
sozialen Netzwerken verbreiten, zeigen viel dunklere und scheinbar
tiefere Spuren. Außerdem wurden seine Augen vergrößert, ein beliebtes

Mittel, um Personen verletzlicher und sanfter wirken zu lassen.

BEHAUPTUNG: Während für die Bevölkerung Kontaktsperren gelten, fliegt

Bundeskanzlerin Angela Merkel im Geheimen nach Las Vegas. Das sei an
den Radardaten der Regierungsflieger abzulesen.

FAKTEN: Die beiden Regierungsflieger «Konrad Adenauer» und «Theodor
Heuss» flogen zuletzt tatsächlich in den US-Bundesstaat Nevada. Doch
war nicht die Kanzlerin an Bord, sondern Angehörige der Luftwaffe.
Diese hatten bis zum 20. März an einer internationalen Übung in den
USA teilgenommen. Nach ihrer Rückkehr kamen die Soldatinnen und
Soldaten in Quarantäne. Die Bundeswehr bestätigte der Deutschen
Presse-Agentur, dass ausschließlich Personal und Material der
Luftwaffe transportiert wurde - und «kein VIP-Flug» stattfand.

BEHAUPTUNG: Jugendliche lecken in einem Video nacheinander denselben
Lolli ab - und sollen sich so über Kontaktsperren lustig machen.

FAKTEN: Das ist natürlich falsch, denn der zuerst auf der Plattform
Tiktok verbreitete Clip entstand Monate, bevor die ersten Infektionen
in China überhaupt bekannt wurden. Offensichtlich ahmen die jungen
Leute US-Sängerin Billie Eilish («Bad Guy») nach, die häufiger mit

Lutscher zwischen den Lippen zu sehen ist. Auf Twitter mokierte sich
etwa der Berliner AfD-Landeschef Georg Pazderski über das Video:
«Empathielose, dumme Wohlstandskinder.» Seinen Tweet unter dem
Hashtag #Corona hat er mittlerweile gelöscht.

BEHAUPTUNG: Sarg an Sarg in Italien: Ein erschreckendes Foto warnt
vor den tödlichen Folgen des Coronavirus.

FAKTEN: Richtig ist: Kein anderes Land ist so stark von Covid-19
betroffen wie Italien - mehr als 80 000 Infizierte, über 8000 Tote
und eine extrem hohe Dunkelziffer. Doch ein in sozialen Medien häufig
geteiltes Foto mit aufgereihten Särgen stammt nicht etwa aus einer
der kritischen Regionen in Norditalien, sondern von der Insel
Lampedusa. Die Aufnahme entstand bereits im Herbst 2013 im Hangar
einer Flugzeughalle. Damals waren mehr als hundert Menschen bei einem
Schiffsunglück auf der Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

BEHAUPTUNG: Das Coronavirus werde gezielt verbreitet. Als Beweis: das
Foto eines schwarzen Güterwaggons mit der Aufschrift «Covid-19».

FAKTEN: Der Schriftzug wurde nachträglich in das Foto des
Kesselwagens manipuliert. Der Tank zum Transport von Flüssigkeiten
und Gasen gehört zur Flotte von GATX. Die US-Leasinggesellschaft hat
aber auf ihren Wagen an dieser Stelle gar keine Beschriftung, wie aus
einer Bahnbroschüre und weiteren Aufnahmen hervorgeht. Ein Zoom auf
«Covid-19» zeigt: Die Buchstaben sind schärfer gezeichnet und weiße
r
als bei anderen Wörtern auf dem Tank. Außerdem wirkt der Schriftzug
zweidimensional und ist perspektivisch nicht korrekt.