G20 stemmt sich gegen Corona-Krise: Fünf Billionen für die Wirtschaft Von Michael Fischer, dpa

Die G20 hat schon in der Finanzkrise 2008/2009 eine wichtige Rolle
gespielt. Jetzt demonstriert die Gruppe der wichtigsten
Wirtschaftsmächte den Willen zum gemeinsamen Kampf gegen die
Corona-Krise. Konkrete Maßnahmen sollen folgen.

Riad/Berlin (dpa) - Die G20 der führenden Wirtschaftsmächte will bei
der Bekämpfung der Corona-Krise an einem Strang ziehen und die
Weltwirtschaft zunächst mit insgesamt fünf Billionen US-Dollar
stützen. Bei einem Videogipfel einigten sich die Staats- und
Regierungschefs am Donnerstag darauf, konkrete Maßnahmenpakete zur
Eindämmung der Pandemie und Abfederung der wirtschaftlichen Folgen zu
erarbeiten. «Wir bekennen uns nachdrücklich dazu, dieser gemeinsamen
Bedrohung geeint entgegenzutreten», hieß es in ihrer
Abschlusserklärung.

Man werde gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO, dem
Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen internationalen
Organisationen «alle erforderlichen Schritte unternehmen, um diese
Pandemie zu überwinden». Dabei werde man keine Mühen scheuen, um
Leben zu schützen und Arbeitsplätze und Einkünfte zu sichern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zufrieden mit den
Ergebnissen. Man habe «ein deutliches Zeichen für globale
Zusammenarbeit und internationale Koordination» gesetzt. Es zeige,
«dass alle auch gewillt sind, diese Herausforderungen gemeinsam zu
bewältigen».

Zu dem Videogipfel hatte der saudische König Salman eingeladen,
dessen Land dieses Jahr die Präsidentschaft der G20 innehat. Die
Staatengruppe vereint zwei Drittel der Weltbevölkerung, 85 Prozent
der globalen Wirtschaftsleistung und 75 Prozent des Welthandels. Ihr
gehören unter anderen die USA, China und Russland an. Für Deutschland
nahm Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Videoschalte teil.

Die wichtigsten Ergebnisse des Gipfels:

- BEKÄMPFUNG DER AKTUELLEN PANDEMIE: Die G20 bekennen sich zum
Austausch epidemiologischer Daten und der für Forschung und
Entwicklung notwendigen Materialien. Die Produktion medizinischer
Güter soll ausgebaut werden. Die G20-Gesundheitsminister sollen bis
April ein Maßnahmenpaket zur gemeinsamen Bekämpfung der Pandemie
erarbeiten.

- VORSORGE: Die Ausgaben für die Epidemievorsorge sollen substanziell
erhöht werden. «Wir bekennen uns außerdem zur Zusammenarbeit dabei,
Forschung und Entwicklung im Bereich Impfstoffe und Medikamente
verstärkt zu fördern, digitale Technologien wirksamer zu nutzen und
die internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit zu
intensivieren», heißt es in der Erklärung.

- SCHUTZ DER WELTWIRTSCHAFT: Bereits jetzt haben die G20-Staaten laut
Erklärung fünf Billionen US-Dollar für die Stützung der
Weltwirtschaft eingeplant. «Wir werden weiterhin ehrgeizig und in
großem Umfang fiskalpolitische Unterstützung leisten», heißt es in

dem Abschlussdokument. Die Finanzminister und Zentralbankgouverneure
der G20 sollen nun einen G20-Aktionsplan erarbeiten.

- HILFE FÜR ENTWICKLUNGSLÄNDER: Entwicklungsländer, vor allem d
ie in
Afrika, sollen bei der Bewältigung der Krise unterstützt werden. «Die

Stärkung des Gesundheitsschutzes in Afrika sehen wir als ganz
entscheidend für die Widerstandsfähigkeit der globalen Gesundheit
an», heißt es in der Erklärung.

Auch wenn die G20 noch keine konkreten Maßnahmen beschloss, gilt die
gemeinsame Willensbekundung zur Zusammenarbeit schon als Erfolg. Denn
die Beratungen fanden unter ungünstigen Vorzeichen statt. Die beiden
mächtigsten Mitglieder der G20 - die USA und China - hatten sich in
den vergangenen Wochen gegenseitig die Schuld für die Verbreitung des
Coronavirus zugeschoben. US-Präsident Donald Trump sprach mehrfach
vom «chinesischen Virus», während der Sprecher des chinesischen
Außenministeriums darüber spekulierte, dass ein Angehöriger des
US-Militärs die Krankheit in China eingeschleppt haben könnte.

Eine gemeinsame Erklärung der G7-Außenminister war am Mittwoch noch
daran gescheitert, dass die USA den Begriff «Wuhan-Virus» darin
unterbringen wollten. Der G7 gehören neben den USA, Kanada, Japan,
Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien an.

Die G20 will nun in unterschiedlichen Formaten an konkreten Maßnahmen
arbeiten. Ideen dafür wurden in der Schalte bereits geäußert.

- Der russische Präsident Wladimir Putin forderte eine Aussetzung
internationaler Sanktionen auf wichtige Güter für die Zeit der
Pandemie. Er sprach von «grünen Korridoren» für die Lieferung von
Medikamenten, Nahrungsmitteln, Technik und Ausrüstung - ungeachtet
von Sanktionen und Handelskriegen. Russland leidet unter den
Strafmaßnahmen der USA, der EU und anderer Länder wegen des
Ukraine-Konflikts.

- Die Europäische Union will weltweit Geld für die Entwicklung und
Herstellung eines Covid-19-Impfstoffs einsammeln. Europa sei bereit,
im Internet eine internationale Geberkonferenz für die nötige
Finanzierung zu organisieren, erklärten EU-Ratschef Charles Michel
und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

- Der argentinische Präsident Alberto Fernández sprach sich für die
Gründung eines weltweiten Notfallfonds zur Bekämpfung der
Corona-Krise aus. «Wir stehen vor dem Dilemma, unsere Wirtschaft zu
schützen oder die Gesundheit der Menschen», sagte der Staatschef in
der Schalte.

Der saudische König Salman rief bei der Konferenz zu einem
gemeinsamen Vorgehen der Staatengemeinschaft auf. «Wir sind sicher,
dass wir diese Krise zusammen durchstehen werden», sagte der
84-Jährige. «Diese Krise der Menschheit erfordert eine globale
Antwort.»