Internationale Beratungen über Corona - «Helden der Krise» gewürdig t Von Ulrich Steinkohl, dpa

Eigentlich ist allen Beteiligten klar, dass die Corona-Pandemie
international bekämpft werden muss. Trotzdem handeln viele Staaten
isoliert. Möglicherweise gibt es jetzt mehr Koordinierung.

Berlin (dpa) - Die internationale Staatengemeinschaft verstärkt ihre
Anstrengungen, um in der weltweiten Corona-Krise zu einer abstimmten
Strategie zu kommen. Am Donnerstag befasste sich zunächst das
Europaparlament in Brüssel in einer außerordentlichen Plenarsitzung
mit der weltweiten Pandemie, die massiv in das Leben der Menschen
eingreift und die Wirtschaft vor nie zuvor gekannte Probleme stellt.
Am Nachmittag trafen sich die Spitzen der führenden Wirtschaftsmächte
(G20) zu einem virtuellen Sondergipfel. Später berieten die Staats-
und Regierungschefs der EU über den Kampf gegen die Seuche.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief in einer Videobotschaft
zu nationaler und internationaler Solidarität auf und würdigte die
«Heldinnen und Helden in der Corona-Krise».

VIDEOGIPFEL DER G20-STAATEN

Die Staats- und Regierungschefs der führenden Wirtschaftsmächte haben
sich darauf verständigt, bei der Bekämpfung der Corona-Krise an einem
Strang zu ziehen. «Wir bekennen uns nachdrücklich dazu, dieser
gemeinsamen Bedrohung geeint entgegenzutreten», heißt es in der
Abschlusserklärung eines G20-Videogipfel , die am Donnerstag von der
Bundesregierung in Berlin verbreitet wurde. Man werde «weder einzeln
noch gemeinsam Mühen scheuen», um Leben zu schützen und Arbeitsplät
ze
und Einkünfte zu sichern. Saudi-Arabiens König Salman zeigte sich
zuversichtlich, dass die Welt die Corona-Krise überwinden wird: «Wir
sind sicher, dass wir diese Krise zusammen durchstehen werden.»
Saudi-Arabien hat in diesem Jahr den Vorsitz in der «Gruppe der 20»,
die zwei Drittel der Weltbevölkerung, 85 Prozent der globalen
Wirtschaftsleistung und 75 Prozent des Welthandels repräsentiert.

AUßERORDENTLICHE SITZUNG DES EUROPAPARLAMENTS

Die Abgeordneten des Europaparlaments kamen in Brüssel zusammen, um
über Verordnungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise zu
entscheiden. Es ging unter anderem um Leerflüge von Airlines, die
ihre Start- und Lande-Slots an Flughäfen nicht verlieren wollen.
Außerdem wurde über Verordnungen entschieden, die den EU-Staaten bei
der finanziellen Bewältigung der Covid-19-Krise helfen sollen.
Allerdings war nur eine Handvoll Abgeordneter im Plenarsaal, die
meisten verfolgten die Sitzung per Videostream. Abgestimmt wurde per
E-Mail. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kritisierte im
Europaparlament erneut nationale Alleingänge. Zu viele der 27
Mitglieder hätten zunächst nur an sich selbst gedacht.

SPAHN SPRICHT VON RUHE VOR DEM STURM 

Im Kampf gegen das Coronavirus geht Bundesgesundheitsminister Jens
Spahn von weiter steigenden Belastungen für Ärzte und Pfleger aus.
«Noch ist das die Ruhe vor dem Sturm», sagte der CDU-Politiker in
Berlin. «Keiner kann genau sagen, was in den nächsten Wochen kommt.»

Daher sei es weiterhin nötig, die Ausbreitung des Coronavirus zu
verlangsamen und die Kapazitäten in den Kliniken zu erhöhen. Zugleich
laufen in der Regierung schon erste Planungen für die Zeit nach dem
weitgehenden Stillstand des öffentlichen Lebens. Vorerst rechnen fast
zwei Drittel (64 Prozent) der Deutschen jedoch mit weiteren
Einschränkungen der persönlichen Freiheit. Das ergab eine Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen
Presse-Agentur.

GESCHLOSSENE GRENZEN ZUM SCHENGEN-JUBILÄUM

Zum 25. Jahrestag des Schengener Abkommens hat Luxemburgs
Außenminister Jean Asselborn gefordert, die im Zuge der
Corona-Pandemie eingeführten Grenzkontrollen und Grenzschließungen
«so schnell wie möglich» wieder aufzuheben. Arbeiter, «von denen
viele im Kampf gegen das Virus an vorderster Front stehen», würden
behindert, der Transport von lebensnotwendigen medizinischen Gütern
und Lebensmitteln werde erschwert. Viele Länder hatten wegen der
Corona-Krise ihre Grenzen dichtgemacht, um die Ausbreitung des Virus
zu verlangsamen. Am 26. März 1995 - also vor 25 Jahren - waren die
Bestimmungen zum Schengener Abkommen in Kraft getreten.

NACHSCHUB AN SCHUTZKLEIDUNG FÜR EU-STAATEN

Der Nachschub an lebenswichtiger Schutzkleidung in der Corona-Krise
ist nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für
die EU-Staaten gesichert. «Seit Dienstag wissen wir, dass ihr Bedarf
an Masken, Handschuhen, Schutzbrillen und Schutzvisieren von den
Herstellern gedeckt werden kann», sagte von der Leyen im
Europaparlament. Die Lieferungen dürften in den kommenden Wochen
anlaufen. Die EU-Kommission hatte eine gemeinsame Bestellung der
Medizinprodukte eingeleitet und zudem den Aufbau einer strategischen
Reserve für alle EU-Staaten angekündigt.

ZAHL DER INFIZIERTEN UND TOTEN STEIGT

In Deutschland sind bislang mehr als 41 300 Infektionen mit dem neuen
Coronavirus registriert. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen
Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer
berücksichtigt. Besonders hohe Zahlen haben Nordrhein-Westfalen mit
mehr als 10 800 Fällen sowie Bayern mit mehr als 8800 Fällen und
Baden-Württemberg mit mehr als 7200 Fällen. Gerechnet auf 100 000
Einwohner verzeichnet Hamburg mit 87,7 die meisten Infektionen. Mehr
als 230 mit Sars-CoV-2 Infizierte sind den Angaben zufolge bislang
bundesweit gestorben.

BUNDESPRÄSIDENT DANKT HELDEN DER CORONAKRISE

Angesichts der weltweiten Corona-Epidemie hat Bundespräsident
Frank-Walter Steinmeier die Bundesbürger und die Staatengemeinschaft
zum Zusammenstehen aufgerufen. In einer am Donnerstag
veröffentlichten Videobotschaft würdigte er zugleich die «Heldinnen
und Helden in der Corona-Krise» wie Ärzte, Pfleger, Mitarbeiter von
Supermärkten und Menschen, die anderen helfen. Der nun verordnete
Verzicht auf viele Dinge falle schwer, ihm selbst auch, sagte
Steinmeier. «Doch nur der Verzicht verhindert, dass wir dauerhaft
verlieren, was wir lieben.»

GRÖNEMEYER MACHT SONG FÜR HELDEN DIESER ZEITEN

Auch der Musiker Herbert Grönemeyer hat sich bei allen Helfern in der
Corona-Krise bedankt - mit einem kurzen Song auf Instagram. «Ein
musikalischer Gruß und Dank an die 'Helden dieser Zeiten'», schrieb
der Sänger am Donnerstag auf dem sozialen Netzwerk. Dazu postete er
ein einminütiges Video, indem er die Arbeit der Menschen würdigte,
die etwa «arzten, pflegen, transportieren, kassieren, bewachen,
forschen, schützen». Außerdem rief er dazu auf, für diese Menschen

zuhause zu bleiben. Denn sie seien «die Helden dieser Zeiten».

BOSCH ENTWICKELT CORONA-SCHNELLTEST

Der Technologiekonzern Bosch hat nach eigenen Angaben einen
Coronavirus-Schnelltest unter anderem für Krankenhäuser und
Arztpraxen entwickelt. Das vollautomatische Verfahren zum Nachweis
von Virenerbgut soll von der Entnahme der Probe bis zum Ergebnis
weniger als 2,5 Stunden brauchen, wie das Unternehmen am Donnerstag
mitteilte. Bislang beträgt die reine Testzeit laut Robert
Koch-Institut (RKI) etwa 4 bis 5 Stunden. Laut Bosch hat der neue
Test auf Sars-CoV-2 eine «Genauigkeit von über 95 Prozent». Er
erfülle der Test die Qualitätsstandards der
Weltgesundheitsorganisation (WHO).

VERBRAUCHERSTIMMUNG BRICHT EIN

Die Corona-Krise hat die Verbraucherstimmung in Deutschland auf den
niedrigsten Wert seit der Finanzkrise einbrechen lassen. In seinem
monatlich ermittelten Konsumklimaindex prognostiziert der Nürnberger
Marktforscher GfK für April einen Rückgang um 5,6 Punkte auf 2,7
Zähler. Nur im Mai 2009 auf dem Höhepunkt der Finanz- und
Wirtschaftskrise lag der Index mit 2,6 Punkten niedriger. «Ein so
starker Rückgang ist seit Beginn der Erstellung des Konsumbarometers
1994 beispiellos», sagte GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Handel,
Hersteller und Dienstleister müssten sich auf eine Rezession
einstellen.

BONUS FÜR MITARBEITER VON SUPERMÄRKTEN

Auch die 140 000 Mitarbeiter von Lidl und Kaufland bekommen einen
Bonus für ihren anstrengenden Einsatz in der Corona-Krise. Jeder
Mitarbeiter in Filialen, Logistik und Produktionsbetrieben erhalte im
April eine Sonderzahlung von bis zu 250 Euro, teilte die
Schwarz-Gruppe mit, zu der die beiden Ladenketten gehören. Insgesamt
lässt sich der Handelsriese die Prämien rund 35 Millionen Euro
kosten. Zuvor hatte bereits Rewe eine Prämie für seine Mitarbeiter
und die Beschäftigten der konzerneigenen Discountkette Penny
angekündigt. Der Bonus für die Beschäftigten werde als Warengutschein

ausgezahlt, damit die Prämie möglichst als Netto-Zahlung bei den
Beschäftigten ankomme.

CANDLE-LIGHT-DINNER TROTZ CORONA

Die große Mehrheit der Bundesbürger hält sich zwar an die strikten
Beschränkungen, die die Ausbreitung des Coronavirus bremsen sollen.
Es gibt aber nach wie vor Unverbesserliche: In Berlin-Kreuzberg hat
die Polizei in einem Lokal ein Dinner bei Kerzenschein beendet, zu
dem sich vier Freunde trotz Coronakrise und Kontaktverbot getroffen
hatten. Sie ließen sich hinter abgeklebtem Fenster und bei
ausgeschaltetem Licht mit Essen und Trinken bewirten, teilte die
Polizei am Donnerstag mit. Der Tisch sei voll gedeckt gewesen. Auf
die Runde dürften nun Konsequenzen zukommen.