Signal an strapazierte Eltern - Keine Kita-Gebühren für April

Das Land NRW weiß, was es Eltern zumutet: Die müssen für April jetzt

keine Kita-Gebühren zahlen. Besondere Hilfe vom Land gibt es auch für
Krankenhaus-Beschäftigte. Einem Infizierten aus Gangelt, der als
erster in Lebensgefahr schwebte, geht es unterdessen besser.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Kitas wegen Corona zu, Mütter und Väter knapp

zwei Wochen im Dauerstress: Dafür brauchen sie jetzt aber für den
April keine Beiträge für Kitas, Tagespflege und den Offenen Ganztag
an Schulen (OGS) zahlen. Erleichterungen gibt es auch für belastetes
Klinikpersonal - das sich jetzt auf Kosten der Landesregierung
notfalls einen Mietwagen nehmen kann. Während die landesweite
Infektionszahl am Donnerstag zum ersten Mal über die 10 000er
Schwelle stieg, gab es unterdessen Hunderte von Fälle, in denen
Unbelehrbare gegen das Kontaktverbot verstießen.

Die Politik habe von den Eltern sehr viel verlangt, sagte
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) am Donnerstag. Darum sei ein
Signal an die Eltern wichtig. Die Ausfallkosten bei den
Elternbeiträgen wollen sich Land und Kommunen laut Stamp hälftig
teilen. Es sei aber nicht möglich gewesen, den Eltern auch die
Beiträge für die zweite März-Hälfte rückwirkend zu erlassen. «E
s wird
nicht komplett ohne Opfer gehen», sagte der Minister.

Die Kitas in Nordrhein-Westfalen waren zusammen mit den Schulen vor
knapp zwei Wochen geschlossen worden, um die Ausbreitung des
Coronavirus zu verlangsamen. Nach einem Monitoring der
Landesregierung ist die Not-Belegung im Vergleich zur vergangenen
Woche noch mal zurückgegangen und liegt jetzt bei 2,5 Prozent. «Wir
sehen, dass die Eltern sehr verantwortlich damit umgehen», sagte
Stamp.

Das Hilfsangebot für Klinik-Beschäftigte in NRW gilt ab kommendem
Mittwoch - wenn sie wegen der ausgedünnten Fahrpläne mit der Bahn
kaum oder gar nicht mehr zur Arbeit kommen können, sagte
NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU). Für einen Mietwagen brauchen
die Krankenhaus-Beschäftigten nur ein einseitiges Formular mit einer
Bestätigung des Krankenhauses auszufüllen. Mit dieser Bescheinigung
könnten sie den Mietwagen direkt beim Verleiher anmieten.

Die Menschen in NRW halten sich derweil in den allermeisten Fällen an
die Einschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus, wie
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte. Dennoch seien rund 2000
Leute in den ersten Tagen nach Verhängung drastischer
Corona-Maßnahmen in knapp 250 Fällen bei Verstößen erwischt worden:

Etwa rund 20 Menschen, die auf einem Spielplatz in Bochum
Fitnessübungen gemacht hatten - und sich dann noch weigerten, die
verbotene Ansammlung aufzulösen. Oder die ältere Dame in einem Kölner

Supermarkt, die im Kampf um die mehr als zwei erlaubten Pakete
Toilettenpapier einen handfesten Streit losbrach.

Die verhängten Maßnahmen seien schon einschneidend, sagte Reul: «Aber

ich denke, wenn man jetzt einen Menschen hätte, der auf der
Intensivstation liegen würde, hätte man auch den Wunsch, dass hart
durchgegriffen wird.» Die Aachener Staatsanwaltschaft richtete sogar
ein Sonderdezernat zur schnellen Verfolgung von Straftaten in
Zusammenhang mit der Corona-Krise ein. Also etwa Diebstahl von
Schutzkleidung, Betrug an alten Menschen oder gesundheitliche
Gefährdung.

Die Corona-Krise hat zumindest bei der Kriminalitätsbekämpfung
offenbar einen positiven Effekt, wie Reul deutlich machte. So
scheinen Straftaten in einigen Bereichen wie Taschendiebstähl,
Einbrüche und Raub gesunken zu sein. Auch habe es bislang weniger
Verkehrstote im März gegeben.

Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen in Nordrhein-Westfalen
stieg wieder deutlich an. Das Gesundheitsministerium teilte am
Donnerstag 10 872 bestätigte Infektionen (Stand 16.00 Uhr) mit und
damit 1186 Fälle mehr als am Vortag zur gleichen Zeit. Die Zahl der
Todesfälle stieg im Vergleich zum Vortag um 18 auf 82.

Eine gute Nachricht kam aus dem Düsseldorfer Universitätsklinikum:
Vier Wochen nach seiner Einlieferung muss ein 47-Jähriger
Corona-Patient aus Gangelt im Kreis Heinsberg nicht mehr beatmet
werden. «Er zeigt sich stabil verbessert und wird nun auf der
Infektionsstation behandelt», hieß es am Donnerstag in einer
Mitteilung zum ersten in NRW bestätigten Infizierten. Familie und
viele Freunde daheim hatten lange um das Leben des Mannes gebangt.

Unwohl ist vielen Abiturienten, vor den anstehenden Abiturprüfungen.
Zwar haben sie seit Mittwoch Sicherheit, dass die Prüfungen in NRW
trotz der Schulschließungen stattfinden sollen. Aber ob sie wie
geplant nach den Osterferien beginnen oder verschoben werden, will
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer» am Freitag bekannt geben.

Die Landesschülervertretung NRW forderte wegen des
Unterrichtsausfalls eine Wahlmöglichkeit, ob Abschlussprüfungen
geschrieben werden. Alle müssten wählen können zwischen dem Ablegen
von Prüfungen und einem so bezeichneten «Durchschnittsabitur», dessen

Noten aus den Leistungen des vergangenen und des laufenden
Schuljahres berechnet werden, forderte die NRW-Schülervertretung am
Donnerstag.

Eine überraschende Nachricht kam noch aus Menden: Zur zwangsweisen
Unterbringung möglicher Corona-Quarantäne-Brecher hat die Stadt in
einer Turnhalle ein vorsorgliches Lager eingerichtet. Es solle in
erster Linie der Abschreckung dienen, sagte Sebastian Arlt,
Corona-Krisenstabsmanager der Stadt im Sauerland. 17 Feldbetten
stehen dort für den Fall zur Verfügung, sollten sich mit dem
Coronavirus Infizierte oder unter häusliche Quarantäne gestellte
Verdachtsfälle nicht an die Isolationsauflagen halten.