Run auf Soforthilfe für Klein-Betriebe - Tausende Anträge

Run auf die wirtschaftliche Soforthilfe in Schleswig-Holstein wegen
der Corona-Epidemie: Am ersten Tag stellen Tausende
Solo-Selbstständige und Klein-Betriebe Anträge. Der Mieterverein
fordert zudem, das Land soll Mietzahlungen übernehmen.

Kiel (dpa/lno) - Tausende Solo-Selbstständige und Klein-Betriebe
haben gleich am ersten Tag Anträge auf wirtschaftliche Soforthilfe
zur Bewältigung der Corona-Krise bei der Investitionsbank
Schleswig-Holstein gestellt. Am Donnerstag bis 16.00 Uhr wurden von
der Website der Investitionsbank 11 000 Antragsformulare
heruntergeladen, 6700 E-Mails mit fertig ausgefüllten Formularen oder
Anfragen zu dem Antrag gingen ein, wie die Investitionsbank
mitteilte.

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) zeigte sich optimistisch,
dass zu Beginn der kommenden Woche erste Zuschüsse ausgezahlt werden.
Der Erhalt von Finanzhilfe ist an Bedingungen geknüpft. Voraussetzung
sind Liquiditätsengpässe. «Entweder ist der Umsatz um mindestens 50
Prozent eingebrochen oder aber der Betrieb ist auf behördliche
Anordnung geschlossen», sagte Buchholz. Das gilt neben Restaurants
und Geschäften auch für Handwerke und Dienstleistungsbetriebe wie
Friseursalons, Kosmetikstudios und Massagepraxen.

Für Kleinbetriebe sieht das Bundesprogramm Zuschüsse von bis zu 9000
Euro für Gewerbetreibende und Selbstständige mit bis zu fünf
sozialversicherungspflichtigen Vollzeitarbeitskräften vor. Wer
zwischen fünf und zehn Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt, kann bis
zu 15 000 Euro erhalten.

«Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten wegen der großen
Nachfrage läuft unser Server seit dem späten Vormittag stabil»,
berichtete ein Sprecher der Investitionsbank. «Die Server-Kapazitäten
haben wir erweitert, das Personal in der Telefonzentrale und in der
Sachbearbeitung schon vorsorglich aufgestockt.» Bei der Beratung
helfen Kammern und Wirtschaftsförderungsgesellschaften.

Der Mieterbund wandte sich an die Landesregierung, so genannte
«Sicher-Wohnen-Fonds» einzurichten. Danach sollen Mietzahlungen von
Mietern, die aufgrund der Corona-Pandemie in finanzielle Bedrängnis
geraten sind, durch diese Fonds des Landes übernommen werden. «Wir
regen an, diese Leistungen aus den Fonds als finanziellen Zuschuss
auszugestalten», sagte Jochen Kiersch, Landesvorsitzender des
Deutschen Mieterbundes Landesverband Schleswig-Holstein.

Unterdessen gab es den fünften Todesfall in Schleswig-Holstein im
Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus. Im Kreis Pinneberg starb
am Mittwoch eine Person, die zu einer Hochrisikogruppe gehörte, wie
der Kreis Pinneberg mitteilte. Nach dpa-Informationen handelte es
sich um eine 87 Jahre alte Frau, die in einem Krankenhaus starb. Zu
den fünf Todesfällen zählt auch ein in Ägypten gestorbener Tourist

aus Schleswig-Holstein.

Die Zahl der bestätigten Infektionen im Land stieg auf 685
Fälle. Berücksichtigt sind dabei laut Landesregierung bis
einschließlich Mittwoch gemeldete Fälle. Damit waren 76 Menschen mehr
mit Covid-19 infiziert als einen Tag zuvor. Die Zunahme betrug knapp
12,5 Prozent. 71 Patienten befinden sich in klinischer Behandlung.

Neben Kitas sind im Norden auch die Schulen geschlossen.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) rechnet aber nicht damit, dass
die Schulen bis zum Sommer geschlossen bleiben. «Aber ich bin sehr
davon überzeugt, dass es klug ist, den Menschen klare Ansagen zu
machen», sagte er dem «Hamburger Abendblatt» (Donnerstagausgabe). Bis

zum 19. April hat Schleswig-Holstein das gesellschaftliche Leben
weitgehend runtergefahren. «Aber natürlich ist unser erklärtes Ziel,

dass wir vielleicht schon vorher gewisse Lockerungen vornehmen
können. Wir wollen die Gesellschaft ja nicht aus Prinzip einsperren»,
sagte Günther. Die Menschen hätten mehr als Verständnis für die
harten Einschränkungen ihres Alltags. «Trotzdem merkt ja jeder schon
jetzt, wie ihm die sozialen Kontakte fehlen.»

Eine schlechte Nachricht gab es für Besitzer von Nebenwohnungen.
Hamburger Besitzer eines Wohnhauses in St. Peter-Ording sind vor dem
schleswig-holsteinischen Verwaltungsgericht mit einem Antrag
gescheitert, trotz Verfügung des Kreises Nordfriesland zu ihrem
Zweitwohnsitz zu reisen. Bei ihrer Entscheidung haben die Richter dem
öffentlichen Interesse am Schutz vor der weiteren Verbreitung des
Coronavirus und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit
krankenhäuslicher Versorgung «ein überragendes Gewicht beigemessen»
,
wie eine Gerichtssprecherin mitteilte.

Am Montag hatte der Kreis Nordfriesland, zu dem auch die Nordseeinsel
Sylt gehört, Menschen mit Erstwohnsitz außerhalb des Kreises, die
Anreise und Nutzung ihrer Nebenwohnungen aus touristischen Gründen
oder zu Freizeitzwecken untersagt. Die entsprechende
Allgemeinverfügung soll die weitere Verbreitung von Infektionen mit
dem SARS-CoV-2-Virus eindämmen.

Eine gute Nachricht gab es dagegen für Sylt-Pendler. Sie dürfen seit

Donnerstag wieder mit der der Syltfähre vom dänischen Havneby nach
List fahren. Voraussetzung ist eine gültige Arbeitsbescheinigung für
die Insel. Seit der Schließung der Grenzen am 14. März war dies
zwischenzeitlich vorrangig Spediteuren vorbehalten.

Im Justizvollzug wurden am Donnerstag die Schutzmaßnahmen in den
Anstalten verstärkt. Bisher gebe es in den Gefängnissen weiterhin
keine mit CO-VID-19 infizierte Person unter den Mitarbeitern oder den
Gefangenen, teilte das Justizministerium in Kiel mit. Neuzugänge in
den Justizvollzugsanstalten (JVA) werden jetzt für mindestens 14 Tage
unter Quarantänebedingungen isoliert.

Das Innenministerium empfahl den Kommunen, Direktwahlen der
Bürgermeister wegen der Corona-Pandemie zu verschieben. Bis zum
Jahresende sind in Schleswig-Holstein neun Wahlen angesetzt. Diese
haben grundsätzlich frühestens acht Monate und spätestens ein Monat
vor Freiwerden der Stelle stattzufinden. «Angesichts der Coronakrise
empfehlen wir, diese Spanne maximal auszunutzen und den Wahltermin
auf den spätesten möglichen Zeitpunkt zu legen», riet Innenminister
Hans-Joachim Grote (CDU) in Kiel. Allein am 17. Mai stehen
Bürgermeisterwahlen in Schwarzenbek, Trittau, Reinbek, Reinfeld
(Holstein) und Ammersbek an.

Das Jagdausübung im Land ist weiterhin «möglich und vorgesehen». Um

der Afrikanischen Schweinepest (ASP) vorzubeugen, müsse das
Schwarzwild weiter intensiv bejagt werden, erläuterte das zuständige
Umweltministerium. Untersagt seien aber weiterhin Gesellschaftsjagden
mit mehr als vier Jägern.