Ob Klo, Knast oder Brautkleid: Wunderwaffe Toilettenpapier Von Rachel Boßmeyer, dpa

Zurzeit in Deutschland gehamstert, hat es doch Potenzial für viel
mehr: das Toilettenpapier. Besungen, beschrieben und bedruckt spielt
es für manche nicht nur auf dem stillen Örtchen eine Rolle.

Berlin (dpa) - Kaum eine andere Ware scheint sich zurzeit derartiger
Beliebtheit zu erfreuen wie das Klopapier. Reihenweise leere Regale
in Supermärkten und Drogerien zeugen von der Jagd der Deutschen nach
dem Hygieneprodukt. Zeit, ein bisschen mehr über die alltäglichen
Blättchen Papier zu lernen, die den Menschen in Deutschland gerade so
sehr am Herzen liegen.

ERFUNDEN IN CHINA

Erfunden wurde das Klopapier - wie auch das Papier - in China. Mitte
des 19. Jahrhunderts kam es dann in den USA auf den Markt. Damals
allerdings nicht als Rolle, sondern in Form einzelner Blättchen in
einer Schachtel. Auch in Europa hielt es damals Einzug. Die erste
Fabrik für Toilettenpapier in Deutschland entstand in den 1920er
Jahren. Doch das hier so verbreitete Klopapier wird nicht überall
verwendet. In vielen Ländern Südostasiens und auf der arabischen
Halbinsel etwa säubern sich Menschen nach dem Toilettengang mit
Wasser.

KLOPAPIER IN DER MUSIK

Über Klopapier wird nicht gesprochen? Von wegen! Nicht nur bei Eminem
und Lil Wayne schaffte es das Klopapier in die Liedzeilen, auch R.
Kelly und Neil Young besangen es schon. Dass der Schlager
«Dreilagiges Klopapier» von Mario Rosenauer derzeit in den Sozialen
Medien die Runde macht, ist sicherlich nicht verwunderlich. Eine Art
Ode an das Papier für den Allerwertesten hat aber auch schon K.I.Z.
vor mehr als zehn Jahren in die Welt gesetzt.

WOHL MEHR ALS 100 ROLLEN IM JAHR

Wie viele Rollen Klopapier genau die Deutschen im Jahr verbrauchen,
ist nicht ganz klar, aber nach dem Spitzenreiter Nordamerika ist
Westeuropa beim Verbrauch von Hygienepapier ganz vorne dabei. Etwa 17
Kilogramm pro Person bescheinigt das European Tissue Symposium
jedem Menschen in Deutschland jährlich. Zum Hygienepapier zählen au
ch
Küchenrolle und Taschentücher. Wäre es nur das Klopapier, dann käme
n
die Deutschen wohl auf stolze 170 Rollen im Jahr - ausgehend von
einer Rolle dreilagigem Papier mit 150 Blättern à 100 Gramm. Noch
mehr Hygienepapier als in Deutschland wird etwa in den USA, in der
Schweiz, in Finnland und in Hongkong verwendet. Doch nicht nur die
Menge, auch die Art der Nutzung unterscheidet sich. Während in
Deutschland viel gefaltet wird, knüllt man das Papier im
angloamerikanischen Raum lieber.

GESCHÄFT GEMACHT MIT KLOPAPIER

Mit Klopapier lässt sich auch privat Geld verdienen. Eine kriminelle
Gruppe in Tschechien beging 2014 Mehrwertsteuerbetrug, indem sie das
Papier Dutzende Male zwischen Firmen im Inland und der Slowakei hin-
und herverkaufte. Auch der Bestseller-Autor Karl-Heinz (Henry) Jäger
bewies Geschäftssinn. Im Gefängnis beschrieb er heimlich
Toilettenpapier. Mit Hilfe eines Geistlichen gelangten die Seiten
nach draußen, und so wurde 1962 sein gefeierter Roman «Die Festung»
veröffentlicht.

KREATIV MIT KLOPAPIER

Wer sich zu einem Hamsterkauf von Klopapier hat verleiten lassen und
nun nicht weiß, wohin mit den ganzen Rollen, kann mit den Blättchen
auch seine Kreativität ausleben. Origami-Anleitungen etwa gibt es
nicht nur für Schmuckpapier, sondern auch für die weniger edlen
Abputztücher. Fortgeschrittene finden eine etwas langwierigere
Aufgabe: ein Brautkleid aus Klopapier schneidern. Diese skurrile wie
aufwendige Beschäftigung hat nicht nur auf Junggesellinnenabschieden
Einzug gefunden, sondern auch in eine US-amerikanische Fernsehshow.
Und wer beim Thema bleiben möchte, kann natürlich auch die passende
Rolle mit der Aufschrift «Will you marry me?» im Internet finden.

UND SONST SO?

In Düsseldorf gibt es ein eigens dem Toilettenpapier gewidmetes
Museum. Am 26. August ist internationaler Tag des Toilettenpapiers.
In Peking geben Hightech-Automaten das Klopapier mancherorts nur bei
Gesichtserkennung aus - im Kampf gegen Papierdiebe, versteht sich.
Und im polnischen Torun (Thorn) hat eine Konditorei wegen des
aktuellen Hypes um Toilettenpapier kleine Torten in Form von
Klopapierrollen gebacken.